Gerichts­ver­fah­ren wird zur Farce

28 Jul 2019 | Abgeschlossene Verfahren

Viele der schwarz-gelben Anhän­ger wer­den das DFB-Pokalspiel beim SC Frei­burg am 25.10.2017 in schlech­ter Erin­ne­rung haben. Neben einer 3:1‑Niederlage und dem damit ver­bun­de­nen vor­zei­ti­gen Aus im DFB-Pokal, herrsch­ten im und um das Frei­bur­ger Drei­sam­sta­dion skan­da­löse Zustände. Unsere schwarz-gelbe Mann­schaft konnte in den 90 Minu­ten nicht auf die übli­che Unter­stüt­zung der Fans bauen. Stun­den­lange Inge­wahrs­am­nah­men von mehr als 200 Dyna­mo­fans im Frei­bur­ger Stadt­ge­biet, will­kür­li­che Kon­trol­len vor und nach dem Spiel von Sei­ten der Poli­zei sind nur wenige Punkte eines kom­plett auf Eska­la­tion aus­ge­leg­ten Ein­satz­kon­zep­tes sei­tens der Frei­bur­ger Poli­zei­füh­rung, wel­ches die mit­ge­reis­ten Dyna­mo­fans nicht zum Sup­port hin­rei­ßen lie­ßen. Wir berich­te­ten damals über poli­zei­li­ches Fehl­ver­hal­ten direkt im Anschluss des Spiels. 

Heute wol­len wir über einen ein­zel­nen Dyna­mo­fan, nen­nen wir ihn Emil Els­ter, berich­ten, des­sen Erfah­run­gen mit die­sem unfai­ren Spiel nicht am Pokal­a­bend ende­ten. Denn Emil Els­ter erhielt nach dem Spiel eine Buß­geld­be­scheid über 330 € — der Vor­wurf: Mit­füh­ren eines Ver­mum­mungs­ge­gen­stan­des. Das Zustan­de­kom­men die­ses Beschei­des ist schlicht­weg skan­da­lös. Dyna­mo­fan Emil zog am Pokal­a­bend mit einer ca. 30-köpfigen Gruppe von schwarz-gelben Anhän­gern fuß­läu­fig zum Drei­sam­sta­dion. Unter­wegs wurde diese Gruppe von der Poli­zei gestoppt und die Per­so­na­lien kon­trol­liert. In Folge die­ser Über­prü­fun­gen ent­deck­ten die Poli­zis­ten in der Gruppe einen Schlauch­schal, wel­cher am Boden lag und ord­ne­ten die­sen nun wahl­los Emil Els­ter zu, wor­auf er sofort bestritt, dass die­ser Gegen­stand ihm gehöre. Doch das nützte nichts, statt­des­sen ver­brachte Emil Els­ter das Spiel auf der Sta­di­on­wa­che um wei­tere poli­zei­li­che Maß­nah­men über sich erge­hen zu lassen.

Emil Els­ter sah sich im Recht, ging in Ein­spruch gegen den Bescheid und nahm sich einen Rechts­bei­stand. Ange­setzt wurde eine Ver­hand­lung über diese ver­meint­li­che Ord­nungs­wid­rig­keit am Amts­ge­richt Frei­burg. Doch Emils Glaube an den ver­meint­li­chen Rechts­staat sollte sich im Laufe der zwei Ver­hand­lungs­tage um ein wei­te­res Mal erschüt­tern. Der ein­zige Zeuge, ein an dem Abend ein­ge­setz­ter Poli­zei­be­am­ter, konnte sich in der Haupt­ver­hand­lung nicht mehr aus eige­ner Kraft an den Vor­fall erin­nern. Viel­mehr war ihm zuvor die gesamte Ermitt­lungs­akte durch den Haupt­sach­be­ar­bei­ter des Falls für seine Zeu­gen­aus­sage über­las­sen wor­den und in die er immer wie­der wäh­rend sei­ner Aus­sage schaute. Nur auf die­ser Grund­lage war der Poli­zei­be­amte über­haupt dazu in der Lage Anga­ben zur Sache zu machen. Nach­dem dies Els­ters Anwäl­tin bemerkte und den ver­meint­li­chen Augen­zeu­gen damit kon­fron­tierte, musste der Beamte zuge­ben, dass er den eigent­li­chen Vor­gang, also das Fal­len­las­sen eines Gegen­stan­des, nicht beob­ach­tet hatte. Viel­mehr hatte er die­sen ledig­lich in der Nähe des Dyna­mo­fan Els­ter lie­gen sehen und ihm zugeordnet.

Wer nun an einen Frei­spruch und späte Gerech­tig­keit denkt, der irrt sich. Das Amts­ge­richt Frei­burg sah es trotz der wenig erkennt­nis­rei­chen Aus­sage des Beam­ten als erwie­sen an, dass Emil Els­ter am 25.10.2017 im Rah­men einer poli­zei­li­chen Kon­trolle einen Ver­mum­mungs­ge­gen­stand zu Boden habe fal­len las­sen, den er zuvor mit sich geführt haben soll — indem das Amts­ge­richt den Betrof­fe­nen aller­dings “nur” zu einer Geld­buße in Höhe von 200 Euro ver­ur­teilte, wurde ihm ein zusätz­li­ches Ei ins Nest gelegt. Dadurch konnte nicht ohne wei­te­res das Rechts­mit­tel der Rechts­be­schwerde genutzt wer­den, da bei Geld­bu­ßen von bis zu 250 Euro die Rechts­be­schwerde erst durch das Beschwer­de­ge­richt zuge­las­sen wer­den muss.

Auf Anra­ten sei­ner Anwäl­tin beließ Emil Els­ter ein wei­te­res Vor­ge­hen gegen diese Geld­buße. Die Schwarz-Gelbe Hilfe betei­ligte sich an den Anwalts­kos­ten, wel­che durch die zwei Ver­hand­lungs­tage am Amts­ge­richt Frei­burg nun auf einen unte­ren vier­stel­li­gen Betrag ange­wach­sen waren, nahezu deckend. Recht­li­che Schritte gegen den lei­ten­den Sach­be­ar­bei­ter auf­grund der Wei­ter­gabe der Ermitt­lungs­akte an den Zeu­gen wur­den eingeleitet.

Eure Schwarz-Gelbe Hilfe

Mehr Artikel

Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge
Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge

Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge

Das Bündnis für Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit hat öffentlich gemacht, dass Sozialarbeiter im Fanprojekt Karlsruhe mit Strafbefehlen überhäuft wurden, weil sie sich an ihre Schweigepflicht gehalten und nicht gegen Fußballfans ausgesagt haben. Die...