Aus­wärts auf der Alm – Eine Reihe angeb­li­cher Straf­ta­ten ein­ge­stellt — Teil 2

17 Dez 2014 | Abgeschlossene Verfahren

Wie schon im Sep­tem­ber die­ses Jah­res kön­nen wir eine Reihe wei­te­rer Ein­stel­lung der Ver­fah­ren gegen Dyna­mo­fans im Zusam­men­hang mit den Rand­er­schei­nun­gen in Bie­le­feld vermelden.
Die Vor­würfe lau­te­ten meist Land­frie­dens­bruch, ver­suchte Kör­per­ver­let­zung und/oder Beleidigung.

Bei einem der Beschul­dig­ten kam es, ähn­lich dem letz­ten Fall, nach Eröff­nung des Ver­fah­rens sogar mit einer Haus­durch­su­chung zu einem schwe­ren Ein­schnitt in die Pri­vat­sphäre. Auch hier wie­der der­selbe Ablauf. Gezielt wurde nach Klei­dung und Schu­hen des Beschul­dig­ten gesucht, Monate nach der angeb­li­chen Tat und der Iden­ti­fi­zie­rung des angeb­li­chen Täters.

Die Staats­an­walt­schaft und das Amts­ge­richt in Bie­le­feld stan­den anschei­nend durch den öffent­li­chen Druck unter Erfolgs­zwang und so beka­men die Beschul­dig­ten einen Straf­be­fehl über meh­rere Hun­dert bis zu hin zu knapp 2000€!

Ein Straf­be­fehl ist eine Ver­kür­zung des Ver­fah­rens ohne Haupt­ver­hand­lung. Die Beson­der­heit des Straf­be­fehls­ver­fah­rens liegt darin, dass es zu einer rechts­kräf­ti­gen Ver­ur­tei­lung ohne münd­li­che Haupt­ver­hand­lung füh­ren kann. Der Vor­teil liegt in der Ent­las­tung des Gerichts und Staats­an­walt­schaft. Die Nach­teile über­wie­gen aber in unse­ren Augen.

Unwis­sen­heit — viele Betrof­fene wis­sen nicht, dass der Straf­be­fehl wie ein Urteil wirkt und in jedem Fall zu einer Ein­tra­gung in das Bun­des­zen­tral­re­gis­ter führt, unter Umstän­den kann der Straf­be­fehl sogar eine Ein­tra­gung im poli­zei­li­chen Füh­rungs­zeug­nis nach sich zie­hen. Vor­schnel­les Akzep­tie­ren der Betrof­fe­nen in dem Glau­ben, man wird nie wie­der mit dem Gesetz in Kon­flikt gera­ten, kann in einem spä­te­ren Ver­fah­ren sehr schnell zum Pro­blem wer­den, da der Betrof­fene dann als vorbestraft/verurteilt gilt, auch prä­ju­di­zie­rende Wir­kung genannt. Des Wei­te­ren sind viele Straf­be­fehle über­höht! Ent­we­der, weil die Anzahl der Tages­sätze zu hoch ist oder weil die Höhe der Tages­sätze falsch berech­net ist. Bei der Fest­set­zung der Tages­sätze wird das Ein­kom­men des Beschul­dig­ten zumeist geschätzt, oft ist diese Schät­zung – zum Nach­teil des Beschul­dig­ten – zu hoch.

Alle betrof­fe­nen Fans der SGD waren Mit­glie­der der Schwarz-Gelben Hilfe und tra­ten nach der Ver­fah­rens­er­öff­nung an uns heran.
Wir ver­mit­tel­ten recht­li­chen Bei­stand, die inner­halb der Frist von zwei Wochen in Ein­spruch gegen die Straf­be­fehle gin­gen. Nach der Akten­ein­sicht konnte bei allen Betrof­fe­nen die Schwere der Taten nicht nach­ge­wie­sen wer­den. Die Anwälte erwirk­ten dar­auf­hin eine Ein­stel­lung der Ver­fah­ren, zwar wur­den diese nach §153a StPO ein­ge­stellt, d.h., gegen Auf­la­gen, aber allen Betei­lig­ten blieb eine Haupt­ver­hand­lung in Bie­le­feld und wei­tere etwa­ige Ver­fah­rens­kos­ten erspart.

Pro­ble­ma­tisch ist die Ein­stel­lung nach §153a StPO aller­dings bei der Auf­he­bung bun­des­wei­ter Sta­di­on­ver­bote. Da in den Richt­li­nien des DFB nur Ein­stel­lun­gen man­gels Tat­ver­dacht (§ 170 Abs. 2 StPO) oder Frei­sprü­che zäh­len. Erneut zeigt sich das der DFB fernab jeg­li­cher demo­kra­ti­scher Rechts­grund­sätze arbei­tet, um so die Prä­ven­tiv­maß­nah­men gegen Fuß­ball­fans auf­recht zu halten.

Auch wenn alle Dyna­mos eine Geld­auf­lage erfül­len muss­ten, gel­ten sie trotz­dem als unschul­dig, da es eben zu kei­ner Ver­ur­tei­lung bezie­hungs­weise kei­nem Schuld­spruch kam.
Die Schwarz-Gelbe Hilfe e.V. half im Nach­gang bei der Beglei­chung der Anwalts­kos­ten. Bei der Auf­he­bung der Sta­di­on­ver­bote wer­den wir auch wei­ter­hin mit hel­fen­der Hand an der Seite der Betrof­fe­nen agieren.

In dubio pro reo – im Zwei­fel für den Angeklagten!

Mehr Artikel

Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge
Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge

Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge

Das Bündnis für Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit hat öffentlich gemacht, dass Sozialarbeiter im Fanprojekt Karlsruhe mit Strafbefehlen überhäuft wurden, weil sie sich an ihre Schweigepflicht gehalten und nicht gegen Fußballfans ausgesagt haben. Die...