Es ist der 11.05.2014. Die SG Dynamo Dresden liegt in der 63. Minute in Überzahl gegen den direkten Abstiegskonkurrenten Arminia Bielefeld mit 0:2 hinten. Aus dem K‑Block steigen schwarze Rauchwolken auf. Die Fans packen ihre Zaunfahnen ein, Leuchtraketen fliegen und Böller explodieren. Einer der Böller, die dabei aufs Spielfeld flogen, ging knapp neben Arminias Stürmer Kacper Przybylko hoch. Der Abstieg aus der zweiten Liga scheint besiegelt. Nach der 15-minütigen Spielunterbrechung spielt die Dynamomannschaft wie ausgewechselt. Eine Aufholjagd beginnt, die am Ende dennoch mit 2:3 unglücklich verloren geht. Der K‑Block lässt der Abstiegsmannschaft gnädigerweise eine Stunde Zeit, um die Stadt zu verlassen.
Rund um das erste Heimspiel der Saison 2014/15 gegen die Zweitvertretung des VfB Stuttgart wird der Dynamofan Günther Gemüse* von der Polizei zu einer Personalienkontrolle gebeten. Der Vorwurf lautet: versuchte gefährliche Körperverletzung. Die Beamten hätten ihn anhand von Videoaufnahmen wiedererkannt. Darauf sei zu sehen, wie Günther sich vermummt und einen Knallkörper in Richtung des Spielfelds wirft.
Nach mehreren Monaten erhält Günther im September 2015 Post von der Polizei. Er solle sich doch bitte zu oben genannten strafbaren Handlungen schriftlich äußern, welches er allerdings verweigerte. Auf Anraten der Schwarz-Gelben Hilfe erhielt Günther Gemüse Akteneinsicht über einen Anwalt. In dieser ist eindeutig zu erkennen, dass die Person, welche den Knaller wirft, Günther in keinster Art und Weise, abgesehen von der Haarfarbe, ähnlich sieht.
Beinahe drei Jahre nach der vermeintlichen Tat kommt es am Amtsgericht Dresden zur Verhandlung. Während Günthers Anwältin aufgrund der Beweislage von vornherein einen Freispruch beantragt, will sich die Staatsanwaltschaft den Misserfolg nicht eingestehen und will sich maximal mit der Einstellung des Verfahrens zufrieden geben. Eine Einstellung des Verfahrens hätte allerdings für den Dynamofan Günther erhebliche finanzielle Auslagen zur Folge, da die Staatskasse in einem solchen Fall nur einen Teil der Gerichts- und Anwaltskosten trägt. Günthers Anwältin entscheidet sich für ein anthropologisches Gutachten, woraufhin der Vorsitzende Richter die Entscheidung vertagt.
Das Gutachten spricht eine eindeutige Sprache, die Person auf den Videoaufzeichnungen ist nicht Günther Gemüse. Anfang Mai, am zweiten Verhandlungstag, musste sich nun auch die Staatsanwaltschaft eingestehen, dass man um einen Freispruch nicht mehr drum herum kommt. Sämtliche Kosten muss nun die Staatskasse übernehmen. Fazit: Manchmal mahlen die Mühlen der Justiz nicht nur langsam, sondern auch falsch!
Eure Schwarz-Gelbe Hilfe
* Name durch die SGH geändert
Quelle Titelbild: www.ultras-dynamo.de