Nach dem Niedersachsenderby zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 im April 2014 und unserem Gastspiel einen Monat später am Betzenberg geht das Kapitel “Voucher gegen Eintrittskarte” nun in eine neue Runde. Diesmal trifft es höchstwahrscheinlich die Fans des FC Hansa Rostock als Gast bei unserer SG Dynamo Dresden.
Das das Verhältnis der Fanlager beider Vereine schon lange nicht mehr den Freundschaftscharakter wie Anfang der 90-iger hat ist hinlänglich bekannt. Die Maßnahmen, welche aber die Verantwortlichen in Dresden hinsichtlich der Kartenvergabe nun getroffen haben, sind kein weiterer Schritt zum Erreichen eines sicheren Fußballspieles, sondern vielmehr das zusätzliche Aufblähen eines bereits bestehenden enormen Sicherheitsapparates rund um das Dynamostadion.
Konkret handelt es sich dabei um zwei weitreichende Einschnitte:
Zum einen wird das Kontingent für die Hanseaten auf rund 1.600 Karten begrenzt. Das entspricht etwa fünf Prozent der Gesamtkapazität des Stadions und unterschreitet damit deutlich die regulär vorgeschriebene Marke von zehn Prozent der Stadionkapazität, die jedem Anhang des Gastvereins offiziell zustehen sollten. Dies ist aber Dank der Bestimmungen des umstrittenen DFL-Papiers “Sicheres Stadionerlebnis” ermöglicht wurden und wird inzwischen ohne großes Aufsehen umgesetzt, genau wie es kritische Stimmen zuvor befürchtet hatten.
Zum anderen wurden nur sogenannte “Voucher” an die Ostsee versendet. Dabei handelt es sich um Optionsscheine, die erst vor Ort, vermutlich am Messeglände in Dresden, in richtige Eintrittskarten für das Stadion umgetauscht werden können. Hintergrund der Maßnahmen sind die Bemühungen der Polizei das letzte Heimspiel der Dynamos am 23. Mai möglichst reibungsfrei durchzuführen. Dazu gehört auch die Überlegung den gesamten Gästeanhang auf dem Messeparkplatz im Ostragehege zu sammeln und dann mit einem Bustransfer direkt zum Stadion zu befördern. Damit soll verhindert werden, dass es zwischen Heim- und Gästefans zu irgendwelchen Berührungspunkten kommt. So viel zur Theorie.
Sollte es beim Umtausch und dem Transfer zum Stadion zu Verzögerungen kommen, kann die Angst, den Anpfiff nicht rechtzeitig zu erleben, unter Fußballfans sehr leicht noch mehr Unruhe entstehen lassen. Hinzu kommt der freie Verkauf der SG Dynamo Dresden. Etliche Anhänger des FCH haben sich bereits mit Karten für die Heimbereiche versorgt und können dies auch weiterhin über bekannte Onlineauktionshäuser.
Abgesehen davon beruht das Konzept generell auf einer fragwürdigen und verzerrten Analyse der Vorfälle der letzten Aufeinandertreffen beider Mannschaften. Weder bei der An- noch der Abreise der Dynamo- bzw. Hansafans kam es zu nennenswerten Problemen. Letztlich bewirken solche Maßnahmen aufgrund der aufgelisteten Punkte das genaue Gegenteil: Sie schaffen keine Sicherheit, sondern verschärfen die ohnehin angespannte Situation rund um ein emotional aufgeladenes Spiel noch weiter.
Warum ausgerechnet die Vereinsführung der SG Dynamo Dresden diese Maßnahmen der Polizei nahezu kritik- und widerstandslos durchwank, verschließt sich jeglicher Logik. Verantwortliche, die vor fast genau einem Jahr diese Praxis in Kaiserslautern abgelehnt hatten, treten nun die erst im Januar 2015 erneuerte Fancharta mit den Füßen.
Wir als Rechtsvertretung von und für Dynamofans verurteilen das Vorgehen (von Vereinsangestellten & Polizei) auf das Schärfste. Überlegungen, Fußballfans aus bloßem polizeilichen Verdacht heraus verfassungsmäßig verbriefte Grundrechte wie Bewegungs- oder Versammlungsfreiheit zu entziehen, ist nicht nur eine Stigmatisierung, sondern vor allem auch ein schwerwiegender Eingriff in demokratische Grundrechte. Es scheint, als ob in Sachsen gerade am Beispiel von Fußballfans geprobt werden soll, was später dann auch in anderen Bereichen der Gesellschaft angewendet werden wird.
Dass sich die Hansafans diese Maßnahmen nicht so einfach bieten lassen werden, zeigt die Vergangenheit. Als auf Anraten der Polizei Hamburg im April 2012 das komplette Gästekontingent für die Rostocker auf St.Pauli gestrichen wurde, organisierte die Fanszene eine Demonstration unter dem Motto “Blau-Weiß-Rot gegen polizeiliches Kartenverbot” mit etwa 2.000 Teilnehmern. Damals hatten die Maßnahmen, die auch von Teilen der Hamburger Fanszene kritisiert wurden, im Umfeld des Stadions über mehrere Stunden für erhebliche Probleme gesorgt. Zuvor hatte sowohl das Verwaltungsgericht als auch vom Oberverwaltungsgericht Hamburg einen Widerspruch der Rostocker abgelehnt.
Eure Schwarz-Gelbe Hilfe