Es ist der 11. September 2016. Die Sportgemeinschaft Dynamo Dresden spielt nach dem skandalisierten DFB-Pokalspiel mal wieder im Niedersachsenstadion gegen die 96er aus Hannover. Vor dem Spiel sonnen sich viele schwarz-gelbe Fans bei spätsommerlichem Wetter am Maschsee unweit des Stadions. Alles bleibt ruhig, nur die erneut katastrophale Einlasssituation, provoziert durch die niedersächsische Polizei, erinnern die Meisten an das DFB-Pokalspiel am Reformationsfeiertag 2012. Doch auch das wird durch den 2:0‑Auswärtssieg der SGD bald in Vergessenheit geraten. 90-minütige Siegesstimmung der zu tausenden angereisten Schlachtenbummler der SGD, Loblieder auf den eigenen Verein wechseln mit Hohn und Spott für den ehemaligen Bundesligisten. Auch Dynamofan Ludwig Liedermacher*, seit mehreren Jahren einer der Einpeitscher mit Megafon aus dem K‑Block, ist mit dem Sieg der Sportgemeinschaft auf dem Rasen und den Rängen des Niedersachsenstadions zufrieden.
Doch die damalige Freude wird im darauffolgenden Sommer 2017 jäh getrübt: Ludwig Liedermacher erhält einen Strafbefehl. Der Vorwurf darin lautet, dass er während der Ruhephase des bekannten Stadionklassikers der SGD — “Die Legende aus Elbflorenz — der Verein mit den besten Fans” eine eher unbekannte Liedzeile angestimmt haben soll. Anstatt des gängigen Textes warf ihm die Staatsanwaltschaft vor, “Für jedes Stadionverbot, schlagen wir einen Bullen tot.” gesungen zu haben. Im Juristendeutsch bedeutete diese “Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten” nach §126 StGB für den leidenschaftlichen Anhänger unserer Mannschaft einen Strafbefehl in einer Höhe von 900€.
Mit dieser schlechten Nachricht wendete sich Ludwig Liedermacher aufgrund seiner langjährigen Mitgliedschaft sofort an die Schwarz-Gelbe Hilfe. Nach Hinzuziehung eines Anwalts und Einlegung eines Widerspruch folgte die Hauptverhandlung im November 2017 am Amtsgericht Hannover. Einer der als Zeugen vernommenen Polizisten gab an, dass er aus dutzenden Metern Entfernung diese veränderte Liedzeile, trotz ständigen Einsatz des Megafons, dem Angeklagten von den Lippen abgelesen zu haben. Wo für jeden normalen Menschenverstand die Sache mit einem müden Lächeln und einem beruhigenden Schulterklopfer für die Beamten der am Spieltag eingesetzten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (kurz: BFE) erledigt wäre, zeigte der zuständige Richter, was er von den vermeintlich bürgerkriegsähnlichen Zuständen in bundesweiten Stadien hielt und holte zu einem Rundumschlag gegen sämtliche Fußballfans aus. Das Urteil folgte prompt — neben einer Geldstrafe, welche trotz dürftiger Beweislage auf 3.600€ erhöht wurde, setzte er als https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/deutscher-verkehrsgerichtstag-vgt-fahrverbot-nebenstrafe-massive-kritik/ Nebenstrafe zwei Monate Fahrverbot an.
Ludwig Liedermacher fühlte sich von dem Urteil überrumpelt, lies sich allerdings davon nicht einschüchtern. Durch die bundesweite Vernetzung der Fanhilfen nahm die Schwarz-Gelbe Hilfe Kontakt zu den dortigen Kollegen auf.
Da es auch galt, weitere unnötige Reisekosten zu minimieren, wurde das Mandat an den ortsansässigen Strafverteidiger der Fanhilfe Hannover übergeben.
Schnell wurde Berufung gegen das erste Urteil des Amtsgericht eingelegt und Anfang März folgte die Verhandlung am Landgericht Hannover. Neben den Polizisten der BFE, die wohl einigen Fußballfans ihre Wünsche nicht nur sprichwörtlich von den Lippen ablesen können, wurden mehrere vermeintliche Video- und Audiobeweise abgespielt — in denen jedoch weder etwas zu hören, noch etwas zu sehen war. Ebenfalls wurde durch diese sogenannten Berufszeugen behauptet, dass das geläufige Wedeln mit den Arme während der Ruhephase des Liedes zum Verschleiern solcher Straftaten genutzt wird. Die Staatsanwaltschaft lud sogar die sogenannten szenekundigen Beamten(SKB) aus Dresden vor, um dem Landgericht wohl darzulegen, was Herr Liedermacher, trotz fehlender Eintragungen im Bundeszentralregister, für ein schlimmer Finger sei. Allerdings konnten diese wagemutigen Behauptungen nicht bestätigt werden — im Gegenteil — zwischen den Aussagen der BFE-Polizisten und den SKBs kam es nun zu deutlichen Widersprüchen, die in der Verhandlung allerdings nicht aufgelöst wurden.
Letztlich sprach der Richter allen Aussagen durch die Polizeibeamten zum Trotz, nach mehreren Stunden Verhandlung am Landgericht Hannover Ludwig Liedermacher von den Anschuldigungen frei und revidierte somit das Urteil aus erster Instanz. Bemerkenswert ist übrigens auch, dass der Richter der ersten Instanz das Fahrverbot hätte gar nicht aussprechen dürfen. Diese Möglichkeit war zum Zeitpunkt der Tat rechtlich noch gar nicht gegeben. Damit wurde verstieß der Richter am Amtsgericht sogar gegen das Gesetzlichkeitsprinzip, welches u.a. in Art. 103 II des Grundgesetzes oder § 1 des Strafgesetzbuches zu finden ist. Denn eine Tat kann nur dann bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor diese Tat begangen wurde. Im Fall des Fahrverbots als Nebenstrafe war dies nicht der Fall. Sämtliche Kosten und Auslagen des Betroffenen übernimmt nun die Staatskasse.
Der Verlauf dieses Falls zeigt erneut anschaulich, wie wichtig eine Mitgliedschaft in der Schwarz-Gelben Hilfe ist. Durch die ihm angebotene Unterstützung war das Mitglied nicht in der finanziellen Zwickmühle, um abzuwägen, ob er den Strafbefehl oder gar das Urteil vom Amtsgericht Hannover annehme sollte. Durch die solidarische Gemeinschaft im Hintergrund ist das Überprüfen solch vorschneller und fehlerhafter Urteile kein unabwägbares Risiko mehr. Erst ein Anwalt, der eure Interessen als Beschuldigter vertritt, sollte entscheiden, ob eine Strafe, zur Beweislage und den Vorwürfen, angemessen ist. Werdet daher Mitglied in der Schwarz-Gelben Hilfe und unterstützt mit Eurem Mitgliedsbeitrag nicht nur Euch selbst, sondern auch anderen Dynamofans in Not.
Allein machen sie Dich ein — Schwarz-Gelbe Hilfe
*Name durch die SGH geändert