Arbeits­ge­mein­schaft Fan­an­wälte schal­tet Daten­schutz­be­auf­tragte ein wegen Daten­wei­ter­gabe der Poli­zei an pri­vate Fußballclubs

7 Sep 2013 | Allgemein

Die Arbeits­ge­mein­schaft Fan­an­wälte hat mit meh­re­ren Ein­ga­ben bei den Lan­des­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten Beschwerde gegen die Wei­ter­gabe per­sön­li­cher Daten durch die Poli­zei an pri­vate Fuß­ball­clubs eingelegt.

Die Poli­zei über­mit­telt in Fäl­len, in denen sie ein Ermitt­lungs­ver­fah­ren gegen bestimmte Per­so­nen ein­ge­lei­tet hat, Name, Geburts­da­tum und Anschrift, sowie die Infor­ma­tion, dass ein Ermitt­lungs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet wurde und eine kurze Schil­de­rung des vor­ge­wor­fe­nen Sach­ver­halts an den zustän­di­gen Fuß­ball­ver­ein. Diese Daten­wei­ter­gabe erfolgt mit dem “Antrag”, gegen die Per­so­nen ein Sta­di­on­ver­bot zu ver­hän­gen. Die Ver­eine erlas­sen dann in der Regel ohne eigen­stän­dige Prü­fung bun­des­weit gül­tige Sta­di­on­ver­bote, die sich ledig­lich auf die Ein­lei­tung eines Ermitt­lungs­ver­fah­rens stüt­zen, obwohl für den Betrof­fe­nen in die­sem Sta­dium des Ver­fah­rens straf­recht­lich nach wie vor die Unschulds­ver­mu­tung gilt. Nach den Sta­di­on­ver­bots­richt­li­nien des DFB haben sich die Ver­eine hierzu sogar verpflichtet.

Diese Pra­xis — die in allen Bun­des­län­dern ange­wen­det wird — ist in vie­ler­lei Hin­sicht recht­lich höchst frag­wür­dig. Ins­be­son­dere die Daten­wei­ter­gabe der Poli­zei ist rechts­wid­rig, weil hier­für kei­ner­lei Rechts­grund­lage besteht.

So ist bei Ermitt­lungs­ver­fah­ren die Straf­pro­zess­ord­nung ein­schlä­gig. Danach darf nur die Staats­an­walt­schaft über eine etwa­ige Daten­wei­ter­gabe oder Akten­ein­sicht ent­schei­den. Die Poli­zei gibt aber die Daten in der Regel wei­ter, bevor die Staats­an­walt­schaft über­haupt ein­ge­schal­tet wird.

Die Daten­wei­ter­gabe von der Poli­zei an pri­vate, also nicht-öffentliche, Stel­len ist jedoch nur in ganz eng begrenz­ten Aus­nah­me­fäl­len recht­lich zuläs­sig, bei­spiels­weise bei der Ver­miß­ten­su­che, und auch nur, wenn der Poli­zei keine eige­nen Instru­mente zur Ver­fü­gung ste­hen, das poli­zei­li­che Ziel zu erreichen.

Bei den Sta­di­on­ver­bo­ten ist dies aber nicht der Fall, weil es eigene poli­zei­li­che Befug­nisse gibt, um eine als Sicher­heits­ge­fahr ein­ge­stufte Per­son vom Besuch eines Sta­di­ons abzu­hal­ten. So sehen die Poli­zei­ge­setze der Län­der die Mög­lich­keit vor, ein poli­zei­li­ches Sta­di­on­ver­bot bzw. ggf. sogar ein Innen­stadt­ver­bot (sog. Aufenthalts- oder Betre­tungs­ver­bote) zu ver­hän­gen. Von die­ser Befug­nis wird auch Gebrauch gemacht. Für ein sol­ches Betre­tungs­ver­bot ist eine aus­ge­wo­gene Gefah­ren­pro­gnose erfor­der­lich, ob von einer bestimm­ten Per­son die Gefahr aus­geht, die Sicher­heit im Sta­dion zu gefähr­den. Diese Sta­di­on­ver­bote kön­nen dann vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten gericht­lich über­prüft werden.

Will ein Betrof­fe­ner jedoch gegen ein von einem Ver­ein ver­häng­tes Sta­di­on­ver­bot vor­ge­hen, muss er den Zivil­rechts­weg beschrei­ten. Dort sind die Rechts­schutz­mög­lich­kei­ten deut­lich ein­ge­schränkt gegen­über einer von der Poli­zei ver­füg­ten Maßnahme.

Mit der Pra­xis der Daten­wei­ter­gabe an die Ver­eine umgeht die Poli­zei also schlicht­weg die Rechts­schutz­mög­lich­kei­ten des Ver­wal­tungs­rechts, Diese Pra­xis der “Flucht ins Pri­vat­recht” bzw. Pri­va­ti­sie­rung des Sicher­heits­rechts ist zu kritisieren.

Und die Ver­eine machen bei die­ser rechts­wid­ri­gen Pra­xis will­fäh­rig mit, nicht zuletzt weil sie von Poli­zei und Innen­po­li­ti­kern stets mit der – recht­lich nicht halt­ba­ren – For­de­rung nach Betei­li­gung an den Poli­zei­kos­ten unter Druck gesetzt werden.

Die Arbeits­ge­mein­schaft Fan­an­wälte hat daher in meh­re­ren Bun­des­län­dern mit Daten­schutz­ein­ga­ben Beschwer­den gegen diese Daten­wei­ter­gabe ein­ge­legt. In den nächs­ten Wochen wer­den wei­tere Ein­ga­ben bei allen Lan­des­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten und auch dem Bun­des­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten fol­gen. Die AG Fan­an­wälte erwar­tet, dass die Pra­xis der Daten­wei­ter­gabe kri­ti­siert und gestoppt wird und die Poli­zei sich künf­tig an den gesetz­lich vor­ge­ge­be­nen Weg hält.

“AG Fan­an­wälte” am 09.07.2013

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