Fan­hilfe Han­no­ver: 9‑Punkte Plan for­ciert Auf­bau eines DFB-Staates

6 Juli 2014 | Repression

Die Fan­hilfe Han­no­ver zum 9‑Punkte-Papier des DFB:

9‑Punkte Plan for­ciert Auf­bau eines DFB-Staates
Um auch über die Som­mer­pause hin­weg unse­ren Puls kon­stant im obe­ren Bereich zu hal­ten, ver­öf­fent­lichte der DFB ein „9‑Punkte-Papier“ aus dem Januar 2014, in wel­chem der Ver­band erneut seine Vor­stel­lun­gen zur Ahn­dung von „Zuschau­er­fehl­ver­hal­ten“, sowie sein eige­nes Rechts- und Selbst­ver­ständ­nis offen legte (Down­load 9‑Punkte-Plan).
In die­sem Doku­ment macht er ein­mal mehr deut­lich, dass ihm das für eine Demo­kra­tie so wich­tige staat­li­che Recht­spre­chungs­mo­no­pol — ins­be­son­dere das über Jahr­hun­derte gewach­sene deut­sche Straf- und Strafprozessrecht- nicht aus­reicht, um in sei­nen Augen uner­wünsch­tes „Zuschau­er­fehl­ver­hal­ten“ zu unter­bin­den und vor allem zu bestrafen.

Viel­mehr wird teil­weise straf­recht­lich irrele­van­ten und unzu­rei­chend defi­nier­ten Ver­hal­tens­wei­sen wie z.B. „grob unsport­li­che Ver­un­glimp­fun­gen“ oder dem „Ein­satz von Pyro­tech­nik“ der Kampf ange­sagt, indem der DFB nun erst­mals die Ver­eine offen auf­for­dert, die für sol­che Vor­komm­nisse von sei­nem DFB-Sportgericht aus­ge­spro­che­nen Stra­fen an die ver­meint­li­chen Täter weiterzureichen.

Ist eine sol­che Wei­ter­gabe der Ver­bands­stra­fen an Pri­vat­per­so­nen schon aus ver­schie­de­nen recht­li­chen Grün­den äußerst frag­wür­dig, so zeigt die For­de­rung doch vor allem eines:
Der DFB akzep­tiert die Gren­zen und Mög­lich­kei­ten der staat­li­chen Rechts­ord­nung und die für eine Demo­kra­tie so wich­tige Gewal­ten­tren­nung nicht.
Er selbst will fest­le­gen, wel­che Ver­hal­tens­wei­sen gesell­schaft­lich akzep­ta­bel und wel­che inak­zep­ta­bel und daher zu bestra­fen sind. Er selbst will die (mit­tel­bare) Bestra­fung ein­zel­ner Pri­vat­per­so­nen über sein DFB-Sportgericht vor­neh­men. Und er selbst will die Höhe der Bestra­fung festlegen.
Durch sein Vor­ge­hen hat der DFB ein eige­nes Rechts­sys­tem errich­tet, in wel­chem mit Hilfe eines (rechts­wid­ri­gen) Ver­tra­ges zu Las­ten Drit­ter zwi­schen DFB und Ver­ei­nen ein fak­tisch eige­nes Straf­recht des Ver­ban­des geschaf­fen wird, wel­ches die gän­gi­gen Bestra­fungs­mo­delle des deut­schen Straf­rechts schon ent­hält: die Geld­strafe und den Frei­heits­ent­zug in Form eines Stadionverbots.
Der Unter­schied zum Recht der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land liegt darin, dass im „Staate DFB“ die Bestra­fung nicht durch ein unab­hän­gi­ges, mit Voll­ju­ris­ten besetz­tes Gericht, nach Durch­lau­fen eines demo­kra­tisch legi­ti­mier­ten Pro­zes­ses und dem abschlie­ßen­den Nach­weis einer Schuld aus­ge­spro­chen wird. Viel­mehr ent­schei­den dem DFB unter­stellte juris­ti­sche Laien mit ganz eige­nen Vor­stel­lun­gen von Recht und Unrecht über teil­weise exis­tenz­ver­nich­tende Strafen.

Hier über­schrei­tet der DFB nicht nur seine Befug­nisse als Ver­band, auch über­schrei­ten die Ver­eine ihr Haus­recht. Die­ses fin­det näm­lich dort seine Gren­zen, wo rechts­staat­li­che Grund­sätze unter­lau­fen werden.
Der DFB ver­an­schau­licht mit dem Doku­ment ein­drucks­voll sei­nen Wunsch nach einem (DFB-)Staat im Staate.
Ein Pri­vat­staat, der Legis­la­tive und Judi­ka­tive ver­quickt und das staat­li­che Straf­mo­no­pol missachtet.

Durch die aus­drück­li­che Ver­pflich­tung der Ver­eine zur Ermitt­lung und Inre­gress­nahme von „Tätern“ im Sinne des DFB-Rechtsverständnisses (Punkt 6) wird zudem ein noch grö­ße­rer Keil zwi­schen die Ver­eine, die ihren Ver­pflich­tun­gen gegen­über dem DFB gerecht wer­den müs­sen, und ihre Anhän­ger getrieben.

Quelle: Fan­hilfe Hannover

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