Die Terroranschläge von Paris durch Anhänger des sogenannten “Islamischen Staat” sind seit etwa einem Monat Geschichte. Der Terror, der tagtäglich in Syrien und dem Irak tobt, vor dem inzwischen mehrere Millionen Menschen auf der Flucht sind, fand nach den Angriffen auf das Satiremagazin Charlie Hebdo ein zweites Mal mitten in Europa sein Ziel. Neben den unzähligen Opfern, den Verletzten und den vielen Hinterbliebenen bleiben vor allem die schrecklichen Bilder dieses Anschlags in den Köpfen vieler unvergessen. In der Öffentlichkeit, aber auch im Stillen wurden Mitgefühl und Beileid den Opfern und deren Angehörigen ausgesprochen. Eine Tat, die mit Nichts zu entschuldigen ist und noch weitreichende Folgen für die Demokratie in Europa haben wird.
Parallel zu einer dreitägigen Staatstrauer hatte der regierende französische Staatspräsident François Hollande zugleich den Ausnahmezustand für Frankreich ausgerufen. Als unmittelbare Reaktion auf die Anschläge verschärften zunächst fast alle europäischen Länder ihre Sicherheitsmaßnahmen. Der offene Grenzverkehr, in Europa durch das Schengen-Abkommen geregelt, wurde teilweise ausgesetzt und Grenzkontrollen, vor allem an Frankreichs Außengrenzen wieder eingeführt. Eine Woche nach den Ereignissen rief Belgien die höchste Terrorwarnstufe für die Hauptstadt Brüssel aus. Neben Frankreich und Belgien führten auch andere Länder der Europäischen Union zahllose Razzien in vermeintlich islamistisch-fundamentalistischen Kreisen durch, teils erfolgreich, mehrfach aber allerdings ohne Erfolg für die Behörden.
Am 19. November 2015 folgte die französische Nationalversammlung Hollande und stimmte der Verlängerung des Ausnahmezustandes um drei Monate per Gesetz zu.
Der Ausnahmezustand ermöglicht der Polizei ohne Durchsuchungsbefehl Wohnungen zu durchsuchen und mutmaßliche Verdächtige unter Hausarrest setzen. So kam es nach Angaben der New York Times als Reaktion auf die Verhängung des Ausnahmezustandes allein in Frankreich in den ersten zehn Tagen zu mehr als 1.000 Hausdurchsuchungen und insgesamt 117 Festnahmen.
Die geplanten Proteste, Kundgebungen und Demonstrationen am Rande der UN-Klimakonferenz in Paris wurden abgesagt oder verboten. Als sich am 29. November trotz Verbots demokratischer Grundrechte mehrere tausende Klimaschutzaktivisten am Place de la République versammelten, um gegen die nach den Anschlägen verhängten generellen Demonstrations- und Versammlungsverbote mit Rufen wie “Ausnahmezustand — Polizeistaat” protestierten, griff die Polizei die Menschen mit Schlagstöcken und Tränengas an. Insgesamt wurden währrend der Proteste mehr als 340 Menschen vorübergehend festgenommen. Es folgten für die Demonstranten teilweise drakonische Strafen in sogenannten Schnellverfahren.
Doch auch wir Fußballfans müssen uns inzwischen mit den politischen Folgen der Anschläge auseinandersetzen. Die Angriffsserie am Freitagabend des 13. Novembers richtete sich auch gegen die Zuschauer des Fußballspiels im Stade de France. Einer der drei Selbstmordattentäter soll Zeitungsberichten zufolge 15 Minuten nach Spielbeginn versucht haben, ins Stadion zu gelangen. Ein Sicherheitsmann kontrollierte den Täter und entdeckte eine Sprengstoffweste, woraufhin der Attentäter flüchtete und sich unweit des Stadions in die Luft sprengte und dabei einen Passanten mit in den Tod riss.
Dass daraufhin einige Fußballländerspiele , auf Grund von Terrorwarnstufen bzw. ‑hinweisen abgesagt wurden, ist vor dem Hintergrund der wenigen Tage alten Ereignisse nachvollziehbar. Deutlich weniger Verständnis erntete jedoch das durch das französische Innenministerium veranlasste landesweit geltende Gästefanverbot für Spiele der 1. & 2. Liga, dem Pokal und den internationalen Begegnungen des Europapokals. Diese Maßnahme wurde damit begründet, dass man aufgrund der aktuellen Situation im Staat die Polizeikräfte, die zur Terrorbekämpfung, aber auch zur Sicherung der Klimakonferenz in Paris benötigt werden, eingespart werden sollen. Doch diese Begründung ist mit Blick auf die Vergangenheit haarsträubend. Schon seit mehreren Jahren, speziell seit der Einführung einer Anti-Gewalt Strategie im Jahr 2012 durch die Klubs der Ligue Un und des Innenminsteriums, fanden kaum Derbies bzw. Sicherheitsspiele mit Zuschauern des Gästeteam statt bzw. wenn, wurden diese stark reglementiert.
In Belgien ging man sogar noch einen Schritt weiter und sperrte eine zeitlang alle Fans und Zuschauer aus den Fußballstadien aus. Trotz des allgemein großen Verständnisses für die bedrohliche Lage werden vor allem die Verantwortlichen der belgischen Liga kritisiert. „Die Jupiler Pro League hat vollkommen versagt”, schilderte der Sportjournalist Mike Notermans die Situation am 26. November im belgischen Grenz-Echo. „Sowohl das belgische Innenministerium als auch die Sicherheitsbehörden haben am letzten Wochenende eindringlich Warnungen ausgesprochen und empfohlen, den kompletten Spieltag abzusagen. Die Pro League hat sich darüber hinweggesetzt und die Spiele stattfinden lassen”, kritisiert Notermans. Anschließend sollten die jeweiligen Bürgermeister der Städte über die Bewilligung von Fans entscheiden. „Die Liga entzieht sich einfach der Verantwortung, obwohl es ihre Aufgabe ist.” so Notermanns.
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