Gemein­same Pres­se­er­klä­rung der Fan­hilfe Mag­de­burg und der Schwarz-Gelben Hilfe: Par­la­men­ta­ri­sche Anfra­gen legen Schwach­stel­len beim Poli­zei­ein­satz wäh­rend des Spiels des 1. FC Mag­de­burg gegen die SG Dynamo Dres­den offen

19 Mai 2017 | Abgeschlossene Verfahren, Blick über den Tellerrand

Im Nach­gang der Drittliga-Partie des 1. FC Mag­de­burg gegen die SG Dynamo Dres­den am 16. April 2016 (Aus­wer­tung aus Sicht der Schwarz-Gelben Hilfe) stell­ten die Fan­hilfe Mag­de­burg und die Schwarz-Gelben Hilfe Dres­den, zusam­men mit der Abge­ord­ne­ten Eva von Angern eine Kleine Anfrage im Land­tag Sachsen-Anhalt. Auch im säch­si­schen Land­tag stellte Valen­tin Lipp­mann eine Kleine Anfrage zum genann­ten Spiel.

Sechs­wö­chige Vor­be­rei­tung mit chao­ti­schem Endergebnis

Aus der Anfrage im sachsen-anhaltinischen Land­tag geht her­vor, dass bereits sechs Wochen vor dem Spiel mit den Ein­satz­pla­nun­gen begon­nen wurde. Bei die­sen wurde ein beson­de­rer Schwer­punkt auf die Tren­nung der über 1.000 erwar­te­ten Fans aus Dres­den von den Mag­de­bur­ger Fans gelegt. Die Ein­satz­füh­rung for­mu­lierte außer­dem eine Leit­li­nie für den Ein­satz, die ein beson­ders hohes Maß an Trans­pa­renz und Gelas­sen­heit aller ein­ge­setz­ten Kräfte in allen Ein­satz­pha­sen vor­sah, dass durch Kooperations- und Gesprächs­be­reit­schaft beson­ders dees­ka­lie­rend auf die Besu­cher des Spiel wir­ken sollte. Ent­ge­gen der Mel­dun­gen in der Presse (DPA-Meldung vom 16.04.2016 und Arti­kel in der Volks­stimme Mag­de­burg vom 19.04.2016) wur­den nicht nur knapp 1.000 Beamte ein­ge­setzt, son­dern, wie eine Kleine Anfrage offen­legte, genau 1.365 Ein­satz­kräfte aus ver­schie­de­nen Bun­des­län­dern. Hier machte die Poli­zei im April 2016 bewusst oder unbe­wusst keine genauen Anga­ben. Auf­fäl­lig ist auch die Anzahl der ein­ge­setz­ten Poli­zis­ten in zivil. Mit 90 zivi­len Kräf­ten, von denen eine geringe Anzahl Sze­ne­kun­dige Beamte (SKB) der ein­zel­nen Fan­sze­nen sind, ein Fuß­ball­spiel abzu­si­chern, lässt bei den Ereig­nis­sen rund um die­ses Spiel einen gro­ßen Spiel­raum an Spe­ku­la­tio­nen, wel­che Rolle 79 Zivil­be­amte der Poli­zei­di­rek­tion Sachsen-Anhalt Nord ein­ge­nom­men haben. Der chao­ti­sche Aus­gang des Ein­sat­zes ist hin­läng­lich bekannt. Ange­sichts der dar­ge­leg­ten Fak­ten muss die dama­lige Ein­satz­füh­rung und Poli­zei­tak­tik stark kri­ti­siert werden.

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Viel zu enger Ein­lass zum Gästeblock

Weni­ger als 0,3 % der Zuschauer waren tat­säch­lich gewalttätig

Wie die Klei­nen Anfra­gen dar­le­gen, führt die Staats­an­walt­schaft Mag­de­burg aktu­ell 51 (26 Ver­fah­ren gegen 1. FCM-Fans, 25 Ver­fah­ren gegen SGD-Fans) Ermitt­lungs­ver­fah­ren, die durch Anzei­gen im Rah­men des Spiel ange­fal­len sind. Sechs wei­tere Ermitt­lun­gen wur­den sogar ein­ge­stellt. Ange­sichts die­ser Zah­len sind die Stel­lung­nah­men des Heim­ver­eins sowie die rei­ße­ri­schen Pres­se­be­richte zu hin­ter­fra­gen. Ein Ver­fah­ren gegen einen Poli­zei­be­am­ten wegen Kör­per­ver­let­zung im Amt, resul­tie­rend aus einer Dienst­auf­sichts­be­schwerde des Fan­pro­jekt Dres­dens, wurde ohne Ergeb­nis eingestellt.

Enorme Anzahl von Sta­di­on­ver­bo­ten gegen Dresd­ner Fans steht in kei­nem Ver­hält­nis zu den lau­fen­den Ermittlungen

Die Zah­len der Ermitt­lungs­ver­fah­ren aus der Anfrage weist im Ver­gleich mit der Anzahl der wegen die­sem Spiel aus­ge­spro­che­nen Sta­di­on­ver­bote gegen Anhän­ger der SG Dynamo Dres­den eine enorme Dif­fe­renz auf. Im Som­mer 2016 wur­den 67 Dresd­ner Fans ein bun­des­wei­tes Sta­di­on­ver­bot aus­ge­spro­chen, da deren Per­so­na­lien am Spiel­tag auf­ge­nom­men sowie Ermitt­lungs­ver­fah­ren gegen sie ein­ge­lei­tet wur­den. Da aber die Poli­zei schein­bar schon im Vor­feld der Ermitt­lun­gen von der Schuld aller Fuß­ball­fans über­zeugt war, reichte man die Daten der Betrof­fe­nen zeit­gleich an den 1. FC Mag­de­burg wei­ter, sodass die­ser gegen die genann­ten Per­so­nen Sta­di­on­ver­bote aus­sprach. Eine Ver­gabe von bun­des­wei­ten Sta­di­on­ver­bo­ten ohne rechts­staat­li­ches Ermitt­lungs­er­geb­nis ver­ur­tei­len wir. Hier bedarf es aus unse­rer Sicht eine Über­ar­bei­tung der DFB-Regularien um den Rechts­grund­satz der Unschulds­ver­mu­tung zu wahren.
Im Januar 2017 konn­ten diese Sta­di­on­ver­bote auf den eige­nen Ver­ein, die SG Dynamo Dres­den, über­tra­gen wer­den. Erst dort erhiel­ten die Betrof­fe­nen eine Chance auf Anhö­rung bei der Sta­di­on­ver­bots­kom­mis­sion (SVAK), wel­che über den Fort­be­stand oder die Auf­he­bung der Sta­di­on­ver­bote entschied.

Abschlie­ßend lässt sich urtei­len, dass der Poli­zei­ein­satz wäh­rend des Spiels am 16. April 2016 samt den im Anschluss eröff­ne­ten Ermitt­lungs­ver­fah­ren unter Ein­be­zug der Fak­ten aus den Klei­nen Anfra­gen ein ganz ande­res Bild abgibt, als es bis­her in der Öffent­lich­keit bekannt ist. Beson­ders domi­nant ist die Unzahl von zivi­len Ein­satz­kräf­ten bei einem Spiel, bei wel­chem Trans­pa­renz und Dees­ka­la­tion höchste Prio­ri­tät pro­pa­giert wurde. Zudem zeigt die Zahl der Ermitt­lungs­ver­fah­ren und die Anzahl an Sta­di­on­ver­bo­ten erheb­li­che Miss­stände in den poli­zei­li­chen Ermitt­lun­gen auf.

Link zur Anfrage im Land­tag Sachsen-Anhalt

Link zur Anfrage im Land­tag Sachsen

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39108 Magdeburg
www.fanhilfe-magdeburg.de
pr [at] fanhilfe-magdeburg.de
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Anmer­kung: In einer frü­he­ren Ver­sion war von 0,003% gewalt­tä­ti­ger Fans die Rede. Dies war natür­lich ein klas­si­scher Rechen­feh­ler. Der Feh­ler wurde nun im Text kor­ri­giert. Wir bit­ten dies zu entschuldigen.

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