Wenige Tage vor dem Gastspiel der SG Dynamo Dresden auf der Bielefelder Alm am 4.Oktober 2014 erhielt der langjährige Dynamofan Alvin* neben weiteren 35 Anhängern der Schwarz-Gelben ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot für das gesamte Stadtgebiet von Bielefeld.
In der zugrunde liegenden Polizeiverfügung heißt es, dass er mit einem angeblichen Zeigen des Mittelfingers gegenüber Polizeibeamten zur Anhebung der aggressiven Stimmung und zur Eskalation mit darauffolgenden Straftaten beigetragen hätte. Zudem sei er nach Erkenntnissen der Polizei der Dresdner Hooliganszene zuzuordnen. Ausgangspunkt sind dabei die oft zitierten Auseinandersetzungen zwischen Dynamofans und der Polizei am 6.12.2013 in Bielefeld und dessen Folgen im Nachgang .
Alvin verstand nun die Welt nicht mehr, wusster er doch weder von einem ihm anhängigen Verfahren wegen Beleidigung, noch empfand er das gegen ihn ausgesprochene Stadtverbot als gerecht. Als Mitglied der Schwarz-Gelben Hilfe wandte er sich umgehend mit seinen juristischen Problemen an uns und es wurde ihm ein Anwalt für Verwaltungsrecht vermittelt. Da Alvin unbedingt das Auswärtsspiel seiner Dynamos gegen die Arminen sehen wollte, strebte dieser nun eine Eilklage gegen die Polizeiverfügung vor dem Verwaltungsgericht in Minden an.
Das Verwaltungsgericht lehnte allerdings zwei Tage vor dem Spiel den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Beschlusses ab. Es folgte damit der oben beschriebenen Argumentationsweise der Gegenseite, welche nun urplötzlich ein Aktenzeichen mit anhängenden, laufenden Strafverfahren präsentieren konnte. Ein Strafverfahren aber, von dem Alvin bis dato keinen Kenntnisstand hatte. In der schriftlichen Begründung des Gerichtes heißt es, dass die von ihm ausgehende Gefahr bereits darin bestehe, “dass er durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zur Hooliganszene die Gewaltbereitschaft dieser Personen fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt.” Weiterhin basierte die Entscheidung des Gerichtes auf der Tatsache, das Alvin als Wiederholungstäter gelte. So soll er schon im November 2009 negativ durch beleidigendes Verhalten gegenüber Polizisten aufgefallen sein.
Das Spiel auf der Bielefelder Alm konnte Alvin durch die Ablehnung des Antrags nicht besuchen, die endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Verbotes sollte nun ein Klageweg herbeiführen. In der Zwischenzeit beantragte Alvins Rechtsbeistand die Einsicht in die Akte des Strafverfahrens, welche schließlich Anfang Januar 2015 in Augenschein genommen werden konnte. Aus dieser ging hervor, das der Strafttatbestand um den Vorwurf des Landfriedensbruch erweitert wurde und die Strafanzeige gegen Alvin erst Mitte April 2014, also mehrere Monate nach Begehen der Tat, gestellt wurde. Wenige Tage später erreichte Alvin ein Strafbefehl über 50 Tagessätze a 20€, gegen den er jedoch sofort Widerspruch einlegte.
Am 18.06.2015 folgte der Verhandlungstermin am Verwaltungsgericht Minden, worin Alvin als Kläger gegen das Betretungs- und Aufenthaltsverbot auftrat. In der ca. einstündigen Verhandlung wurde nun die Sach- bzw. Rechtslage zwischen Alvins Anwalt und zwei Mitarbeitern der Stadt Bielefeld sehr umfangreich erörtert. Dabei erwiderte Alvins Rechtsbeistand, dass er diese Verfügung für rechtswidrig und unverhältnismäßig halte, da gegen den vermeintlichen Täter weder ein rechtskräftiges Urteil vorlag, noch ein bundesweit wirksames Stadionverbot ausgesprochen wurde. Mit dem erteilten Verbot würde ihm die rechtswirksame Möglicheit des Fan-Daseins genommen werden. Die rechtliche Vertretung der Stadt Bielefeld entgegnete daraufhin, dass das Mittel des Stadtverbotes gewählt worden wäre, da sich mögliche Auseinandersetzungen nicht nur im Stadionbereich abspielen würden. Es folgte der Hinweis durch Alvins rechtliche Vertretung, dass durch das mutmaßliche Zeigen des Mittelfingers weder eine Gewalttat ausgeübt wurde, noch das dadurch ein Fan zu einer gewalttätigen Gruppe zugeordnet werden kann. Er beantragte nun die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Polizeiverfügung. Mit einem Beschluß der vorsitzenden Richterin auf Urteilsverkündung per Zustellung endete die Hauptverhandlung an diesem Tag.
Wenige Wochen später flatterte nun die Urteilsverkündung mit der Abweisung der Klage in das Postfach des Anwalts. Die Entscheidungsfindung des Gerichtes folgte der polizeilichen Begründung im Betretungs- und Aufenthaltsverbot erneut. Dabei sei es “vor dem Hintergrund unerheblich, dass der Kläger im Zusammenhang mit den Ereignissen am 6. Dezember 2013 nicht wegen einer Gewalttat angeklagt ist, sondern gegen ihn ein Strafverfahren wegen Beleidigung geführt wird.”
Ein Urteil, welches für uns, der Schwarz-Gelben Hilfe, nicht nachvollziehbar ist. Schon mit Hinblick auf die etwaigen Gewalttaten am Nikolaustag 2013 ist ein Aufenthalts- und Betretungsverbot für das gesamte Stadtgebiet Bielefeld aufgrund einer Beleidigung weder verhältnis- noch rechtsmäßig. Nach langen Beratungen und mit Hinblick auf ein etwaiges negatives Grundsatzurteil durch ein Oberverwaltungsgericht wurde auf die Fortsetzung des verwaltungsrechtlich möglichen Klageweg verzichtet. Der Einspruch gegen den erteilten Strafbefehl wurde aufgrund der Aktenlage des Strafprozesses zurückgezogen. Die Schwarz-Gelbe Hilfe beteiligte sich anschließend in einem großen Umfang an der Begleichung der Kosten für Alvins Anwalt im Verwaltungs- und Strafprozess.
Auch wenn dieses Beispiel nicht zum Positiven gewendet werden konnte, zeigt es doch die Stärke einer Solidargemeinschaft. Nur durch unser aller Hilfe sind Einzelne in der Lage, solch abstrusen Vorgänge in Frage zu stellen. Werdet Mitglied in unserer Solidargemeinschaft, der Schwarz-Gelbe Hilfe, denn allein machen Sie Euch ein.
Eure Schwarz-Gelbe Hilfe