Noch dieses Jahr soll das neue Sächsische Polizeigesetz (SächsPVDG und SächsPBG) verabschiedet werden und das bisher gültige Gesetz (SächsPolG) ablösen. In einigen Bundesländern sind bereits neue Polizeigesetze in Kraft getreten – das wohl umstrittenste in Bayern. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat nun mit Beschluss vom 18.12.2018 festgestellt, dass das Bayerische Polizeiaufgabengesetz (BayPAG) teilweise verfassungswidrig ist.
Hierbei geht es konkret um die sogenannte „Automatisierte Kennzeichenerkennung“. Auf bestimmten Strecken wird eine Anlage installiert, die Kennzeichen vorbeifahrender Fahrzeuge mit Ort, Datum und Uhrzeit erfasst. Diese Daten werden mit Fahndungsdateien abgeglichen. Gibt es keine Übereinstimmung, werden die Daten sofort gelöscht. Bei einer Übereinstimmung werden die Daten gespeichert und weitere polizeiliche Maßnahmen eingeleitet. Auch in Sachsen werden bereits auf diese Weise Kennzeichen erfasst und mit Fahndungsdateien abgeglichen. Bisher gibt es allerdings nur mobile Anlagen, d.h. sie werden aufgebaut und nach einer bestimmen Zeit (meist nach ein paar Stunden) wieder abgebaut. Zukünftig sollen diese Systeme auch stationär an verschiedenen Kontrollpunkten innerhalb eines 30 Kilometerradius rund um die Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik eingesetzt werden.
In Bayern ist diese ähnliche Vorschrift nun für teilweise verfassungswidrig erklärt wurden. Grundsätzlich können die Bundesländer Vorschriften zur Gefahrenabwehr erlassen. Jedoch sind laut BayPAG auch Kennzeichenkontrollen zur Verhütung oder Unterbindung der unerlaubten Überschreitung der Landesgrenze erlaubt. Dies ist allerdings eine Frage des Grenzschutzes und dafür hat allein der Bund die Gesetzgebungskompetenz.
Weiterhin ist die Vorschrift auch unverhältnismäßig, denn Kennzeichenkontrollen bedürfen eines gewichtigen Anlasses, d.h. die Kontrollen müssen auf den Schutz von Rechtsgütern von zumindest erheblichem Gewicht beschränkt werden. Dies ist im BayPAG, aber auch im Entwurf des neuen SächsPVDG, nicht der Fall. Zum Vergleich: Im bisher gültigen SächsPolG ist von einer „Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für bedeutende Sach- und Vermögenswerte“ die Rede. Nach dem neuen SächsPVDG genügt bereits die „Abwehr einer erheblichen Gefahr“. Was eine erhebliche Gefahr ist, wird allerdings nicht weiter konkretisiert.
Auch die Regelungen im hessischen und baden-württembergischen Polizeigesetz sind in dieser Hinsicht teilweise verfassungswidrig. In beiden Ländern werden Kennzeichenkontrollen nicht umfassend auf den Schutz von Rechtsgütern von erheblichem Gewicht begrenzt. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht ebenfalls am 18.12.2018.
Ob dieser Teil in Sachsen bestehen bleibt und wie die Regelung künftig in Sachsen aussehen wird, bleibt also abzuwarten.
Allerdings wurden nun weitere Änderungen in die Reformpläne rund um die Erneuerung des Sächsischen Polizeigesetz eingearbeitet. Nach einem langen Ringen zwischen den Koalitionspartnern CDU & SPD gab es einen Kompromiss: Polizeibeamte in Sachsen bekommen nun doch Bodycams und dafür zieht die Beschwerdestelle vom Sächsischen Innenministerium (SMI) in die Staatskanzlei.
Wir, als Schwarz-Gelbe Hilfe e.V., stehen einer Einführung von solchen Instrumenten kritisch gegenüber. Bodycams filmen nicht ohne Anlass, sondern nur in Situationen, in denen ohnehin ein menschlicher Polizist hinschaut. Wenn später vor Gericht Aussage gegen Aussage steht, dann schafft diese Nahaufnahme zwar eine Grundlage für eine formell unabhängige Klärung. Doch bei genauerem Betrachten sind diese Aufnahmen ebenfalls nicht unabhängig. Diese Kamera zeichnet zwar dauernd auf, aber erst wenn der Polizist auf einen Knopf drückt, beginnt sie, die Aufnahme zu speichern, angefangen mit einer zurückliegenden Aufnahme, je nach Zeiteinstellung (Bspw. 30 Sekunden). Die restlichen Sequenzen werden laufend gelöscht. Es entscheidet also der Polizist über den Inhalt des Beweismittels. Etwaiges Fehlverhalten durch polizeiliches Handeln wird auch hier weiterhin im Verborgenen bleiben.
Die absurde Verlagerung der zahnlosen Beschwerdestelle vom Sächischen Innenministerium an die Staatskanzlei ist für uns keine weitere Würdigung wert, denn diese bleibt weiterhin im Einflussbereich der jeweiligen Staatsregierung.
Eure Schwarz-Gelbe Hilfe
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