Offene Fra­gen auf­grund Video­über­wa­chung der Dyna­mo­fan­demo am 3. März 2019

15 Apr 2019 | Allgemein, Blick über den Tellerrand, Repression

Am 03.03.2019 fand eine Fan­de­mons­tra­tion, orga­ni­siert durch die Schwarz-Gelbe Hilfe e.V., gegen das neue säch­si­sche Poli­zei­ge­setz statt. Dyna­mo­fan und Rechts­an­wäl­tin Linda Röt­tig fun­gierte als Ver­samm­lungs­lei­te­rin für die Anmel­dung, Durch­füh­rung und Beach­tung der Auf­la­gen. Eine Woche vor der Ver­samm­lung fand im Orts­amt Dresden-Altstadt ein soge­nann­tes Koope­ra­ti­ons­ge­spräch mit Mit­ar­bei­tern der Ver­samm­lungs­be­hörde, Ver­tre­tern der säch­si­schen Poli­zei und Frau Röt­tig inklu­sive zweier Begleit­per­so­nen statt. Im Rah­men die­ses Gesprächs wurde die Zurück­hal­tung sei­tens der Poli­zei ver­spro­chen. Auch sicherte die Poli­zei der Ver­samm­lungs­lei­te­rin zu, dass man die Ver­samm­lung nicht fil­men werde, es sei denn, es wer­den Rechts­ver­stöße began­gen. Befürch­tun­gen über das Ent­zün­den von pyro­tech­ni­schen Gegen­stän­den wur­den von Sei­ten der Beam­ten geäu­ßert, wel­che aller­dings von unse­rer Seite kei­ner wei­te­ren Beach­tung geschenkt wurde.

Ein paar Tage vor der Demons­tra­tion wur­den zu unse­rer Über­ra­schung meh­rere Kame­ras ent­deckt, die ent­lang der Demons­tra­ti­ons­route ange­bracht wurden.
Genutzt wur­den dabei mehr­heit­lich die Hoch­häu­ser ent­lang der Gru­naer Straße, aber auch auf dem Gebäude der Poli­zei­di­rek­tion an der Schieß­gasse wurde die bereits vor­han­dene Video­über­wa­chung für diese Demons­tra­tion erwei­tert. Wir berich­te­ten im Vor­feld der Demons­tra­tion über diese Vor­ab­kri­mi­na­li­sie­rung demo­kra­ti­schen Pro­tes­tes und infor­mier­ten über die sozia­len Medien.

Im Rah­men des dama­li­gen Koope­ra­ti­ons­ge­sprä­ches war davon aller­dings keine Rede, ganz im Gegen­teil. Unmit­tel­bar vor der Ver­samm­lung gab es ein wei­te­res Vor­ab­ge­spräch zwi­schen der Poli­zei und der Ver­samm­lungs­lei­te­rin Frau Röt­tig. Auch in die­sem Gespräch erwähnte die Poli­zei nicht, dass Kame­ras instal­liert wor­den sind. Erst als das Thema zum Ende des Gesprächs von Sei­ten der Demo­an­mel­de­rin ange­schnit­ten wurde, ver­si­cherte die Ein­satz­füh­rung der Poli­zei, dass diese Auf­nah­men nicht gespei­chert werden.
Der friedliche,aber laut­starke Ver­lauf der Demons­tra­tion gegen den Abbau von Grund‑, Bürger- und Fan­rech­ten mit mehr als zwei­tau­send Teil­neh­mern aus dem kom­plet­ten Spek­trum der Dyna­mo­fan­szene unter­strich die deut­li­chen For­de­run­gen gegen die Ver­schär­fun­gen und Reform­be­stre­bun­gen der säch­si­schen Regie­rung aus CDU und SPD noch ein­mal massiv.

Am 04.03.2019 stellte der Abge­ord­nete des Säch­si­schen Land­ta­ges, Valen­tin Lipp­mann, eine kleine par­la­men­ta­ri­sche Anfrage. In die­ser Anfrage wurde die Video­über­wa­chung währ­rend die­ser Demons­tra­tion thematisiert.

In der Beant­wor­tung der par­la­men­ta­ri­schen Anfrage gab der Säch­si­sche Innen­mi­nis­ter, Dr. Roland Wöl­ler (CDU), an, dass „bei Ver­samm­lun­gen die Bild­über­tra­gung offen­siv gegen­über den Ver­samm­lungs­lei­tern the­ma­ti­siert wird“. Dass dies hier offen­sicht­lich nicht gesche­hen ist und somit die Frage nicht zutref­fend beant­wor­tet wurde, ergibt sich aus den Schil­de­run­gen unse­rer Rechts­an­wäl­tin und Demonstrationsanmelderin.
“Zwar darf die Poli­zei gemäß § 12 Abs. 1 Sächs­VersG eine Ver­samm­lung fil­men, aller­dings darf dies nur offen gesche­hen, d.h. die Teil­neh­mer müs­sen Kennt­nis von der Bild­auf­nahme haben. Hinzu kommt, dass tat­säch­li­che Anhalts­punkte dafür vor­lie­gen müs­sen, dass von den Ver­samm­lungs­teil­neh­mern erheb­li­che Gefah­ren für die öffent­li­che Sicher­heit oder Ord­nung aus­ge­hen.” so Rechts­an­wäl­tin Röt­tig auf Nach­frage der Schwarz-Gelbe Hilfe.
Der Säch­si­sche Innen­mi­nis­ter jedoch begrün­det die Bild­über­tra­gung mit der „Unüber­sicht­lich­keit der Ver­samm­lungs­lage und der Größe der Ver­samm­lung“. Wie man die­sen Erkennt­nis­sen gelangt ist, wird aller­dings in der Anfrage nicht näher begründet.
Unsere offe­nen Fra­gen wur­den nun erneut das Säch­si­sche Innen­mi­nis­te­rium beschäf­ti­gen. Wir wer­den Euch über die Ant­wor­ten auf dem Lau­fen­den halten.

Am Mitt­woch den 10.04.2019 ver­ab­schie­dete der Säch­si­sche Land­tag die Geset­zes­no­velle mit der Mehr­heit aus SPD und CDU. Über­wa­chungs­maß­nah­men durch die Poli­zei ohne kon­kre­ten Ver­dacht wer­den somit zum Jah­res­wech­sel deut­lich erleich­tert. Kri­ti­ker war­nen dage­gen vor umfas­sen­den Ein­schnit­ten in die Bür­ger­rechte. Die auto­ma­ti­sierte Erfas­sung von Auto­kenn­zei­chen wird erlaubt. Eben­falls kommt eine sach­sen­weite Ein­füh­rung von Body­cams – diese sol­len Poli­zis­ten vor Über­grif­fen schützen.Bürgerrechtler und ‑initia­ti­ven konn­ten eine Kenn­zeich­nungs­pflicht für Poli­zis­ten dage­gen nicht durch­set­zen. Grüne und Linke kün­dig­ten eine Klage beim säch­si­schen Ver­fas­sungs­ge­richt an.

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