Podi­ums­dis­kus­sion „Dynamo Fans und das Gewalt­pro­blem“ — Schus­ters Teekreis

23 Feb 2023 | Allgemein

Wenige Wochen nach der Podi­ums­dis­kus­sion im Penck-Hotel Dres­den, ver­an­stal­tet von der Säch­si­schen Zei­tung, erhiel­ten wir einen rück­bli­cken­den Kom­men­tar zu die­ser Ver­an­stal­tung. Nach eini­gen Über­le­gun­gen und dem Ein­ver­ständ­nis des Ver­fas­sers, wol­len wir die­sen Euch nicht vor­ent­hal­ten. Sicher­lich ist die­ser etwas über­spitzt for­mu­liert, aber spie­gelt die Pro­bleme und Ein­sei­tig­keit die­ser Debatte nichts­des­to­trotz aus unse­rer Sicht wieder.

Der eigent­li­che Anlass, die Vor­komm­nisse rund um das Auf­stiegs­spiel gegen Türk­gücü Mün­chen im Mai 2021, war zwar schon mehr als ein­ein­halb Jahre her, aber „Dynamo und Gewalt“ ist nun mal auch hier in der pro­vin­zi­el­len Medi­en­land­schaft ein „all-time-classic“. Neben dem kauf­män­ni­schen Geschäfts­füh­rer Jür­gen Weh­lend, dem Lei­ter des Fan­pro­jek­tes Dres­den Ronald Bec, dem Dresd­ner Poli­zei­prä­si­den­ten Lutz Rodig war auch der der­zei­tige säch­si­sche Innen­mi­nis­ter Armin Schus­ter, sowie Danny Graup­ner als Vor­stand der Schwarz-Gelbe Hilfe ein­ge­la­den — für eure Teil­nahme kann man nur Danke sagen.

Am Ver­an­stal­tungs­tag zeigte sich, dass diese SZ-Veranstaltung so manch gemei­nen K‑Blockgänger aus dem Win­ter­schlaf geholt hatte und der Saal sehr gut gefüllt war. Gerüch­ten zu Folge wollte sich der ein oder andere Poli­zist in Zivil die Per­for­mance sei­ner obers­ten Dienst­her­ren ebenso nicht ent­ge­hen lassen.

Ohne ein Fazit vor­weg­zu­neh­men, die Ent­schei­dung der Fan­hilfe zur Teil­nahme war die rich­tige, trotz des­sen, dass man dort ver­meint­lich rhe­to­risch geschul­ten Berufs­po­li­ti­kern und ‑reprä­sen­tan­ten wie Schus­ter und Rodig gegen­über­sitzt, wird auch die reprä­sen­tie­rende Per­son der Fans zwangs­läu­fig eine nicht zu unter­schät­zende mediale Auf­merk­sam­keit bekom­men. Seien wir ehr­lich — nicht jedem Chef gefällt, wenn man im Bezug zu Dynamo eher zu der poli­zeik­ri­ti­schen Masse gehört, ander­seits sollte nicht noch eine Dis­kus­si­ons­runde mit Dynam­o­be­zug in Sachen Fan­be­lan­gen unter­re­prä­sen­tiert sein bzw. über die Fans anstatt mit den Fans gere­det werden.

Doch es kam lei­der, wie es kom­men musste: Der min­des­tens pro­vo­kante, wenn nicht sogar ten­den­ziöse Titel „Dynamo Fans und das Gewalt­pro­blem“ ließ bereits nichts Gutes hof­fen — getreu dem Motto „Wir hat­ten keine Erwar­tun­gen und diese wur­den auch erfüllt“- wurde dies auch erfüllt.

Anstatt solch ein Forum als Chance zum Dia­log zu sehen und die der­zei­tige Situa­tion und jüngste Ereig­nisse wie Bay­reuth oder Kai­sers­lau­tern auch ein­mal nüch­tern zu betrach­ten und ein­zu­ord­nen, suhlte man sich dage­gen in alt­be­kann­ten und alt­ba­cke­nen Ste­reo­ty­pen und Unwahr­hei­ten. Mär­chen­ge­schich­ten wie „…, frü­her war es nicht so schlimm, …“ wur­den natür­lich ebenso auf­ge­tischt — kei­ner scheint sich mehr an die regel­mä­ßig gewalt­tä­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Fest­be­su­chern der Bun­ten Repu­blik Neu­stadt und der Poli­zei oder den fast schon tra­di­tio­nel­len Män­ner­tags­ran­da­len an der Elbe in den Anfän­gen des neuen Jahr­tau­sends zu erin­nern. Mit der Gleich­set­zung von Pyro­tech­nik als Stil­mit­tel bzw. Teil von Cho­reo­gra­fien mit gewalt­tä­ti­gen Aus­schrei­tun­gen, sowie frag­wür­di­gen und nicht beleg­ten The­sen „… allein auf­grund der gewalt­tä­ti­gen Aus­schrei­tun­gen haben Men­schen Angst ins Sta­dion zu gehen.“ waren dann auch wirk­lich alle kli­schee­be­haf­te­ten Aus­sa­gen mit dabei. Spe­zi­ell letz­te­res Argu­ment, her­vor­ge­bracht durch unse­ren kauf­män­ni­schen Geschäfts­füh­rer, lässt natür­lich den Punkt das die Pro­fi­fuß­bal­ler unse­rer SG Dynamo seit gut andert­halb Jah­ren eher mit­tel­mä­ßi­gen Dritt­li­ga­fuß­ball spie­len, gekonnt unter den Tisch fal­len. Die alte Leier von der Notwendigkeit
per­so­na­li­sier­ter Ein­tritts­kar­ten wurde dies­mal von Armin Schus­ter, sei­nes Zei­chens der neue West­im­port des säch­si­schen Innen­mi­nis­te­ri­ums und ehe­ma­li­ger Kata­stro­phen­schutz­chef her­vor­ge­bracht. Die­ser glänzte nicht nur mit sei­nem Wunsch nach „Nie wie­der ey-käb“, son­dern auch mit der Idee eines Tee­krei­ses mit Poli­zei, Ver­ein, Stadt und vor allem den Fans, wo mal „alles auf den Tisch“ sollte. Wenig ver­wun­der­lich soll es dabei vor allem um Dinge gehen, bei den Fans das Nach­se­hen haben wer­den bezie­hungs­weise man sie doch gern in die Pflicht neh­men wöllte wie Bier­kon­sum oder den bereits erwähn­ten per­so­na­li­sier­ten Ein­tritts­kar­ten. Von einer Kenn­zeich­nungs­pflicht geschlos­se­ner Poli­zei­ein­hei­ten, einer unab­hän­gi­gen Beschwer­de­stelle, die nicht die Beschwer­de­füh­rer, son­dern das poli­zei­li­che Fehl­ver­hal­ten ver­folgt, der Verhältnis- bzw. Rechts­mä­ßig­keit des neuen säch­si­schen Poli­zei­ge­set­zes oder der Abrüs­tung einer fast schon mili­tä­risch aus­ge­stat­te­ten Poli­zei bei einem Fuß­ball­spiel war „über­ra­schen­der­weise“ nichts zu hören. Alles in Allem war vor allem der Auf­tritt des säch­si­schen Innen­mi­nis­ters an Skur­ri­li­tät schwer zu über­bie­ten und manch einer ertappte sich bei dem Gedan­ken (oder hoffte das zumin­dest) das dies viel­leicht nicht doch der nächste Coup vom „Wes­sischwein“ Jan Böh­mer­mann sei.

So sehr die Zei­len zum Schmun­zeln anre­gen, so trau­rig ist doch, dass auch diese Dis­kus­sion erwart­bar ein­tö­nig und ein­sei­tig ver­lief. Ein­zig Ronald Bec vom Fan­pro­jekt Dres­den und Danny Graup­ner der Schwarz-Gelben Hilfe ver­such­ten mit Hin­wei­sen zur not­wen­di­gen Ein­ord­nung von Gewalt im gesell­schaft­li­chen Kon­text, zu Vor­komm­nis­sen im gesamt­deut­schen Fuß­ball, zum infla­tio­nä­ren Gebrauch des Bür­ger­kriegs­be­griffs bei gewalt­tä­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen oder zur, eigent­lich bereits bestehen­den Per­so­na­li­sie­rung des Kar­ten­ver­kaufs bei Dyna­mo­spie­len der Runde inhalt­li­che Sub­stanz zu ver­lei­hen. Nur war der Mode­ra­tor, Tino Meyer, damit anschei­nend überfordert.

Wie die „aus­ge­streckte Hand“ sei­tens der Dresd­ner Poli­zei aus­sieht, war in Form von Ord­nungs­wid­rig­keits­an­zei­gen und somit der Kri­mi­na­li­sie­rung eines Fan­mar­sches beim letz­ten Heim­spiel gegen den SV Meppen zu sehen.

PS.: Die Bun­des­po­li­zei ließ Armin Schus­ters Wunsch nach „Nie wie­der ey-käb“ durch eine gleich­na­mige Wer­be­kam­pa­gne lei­der schlecht altern, viel­leicht war ja doch der Taxi­ver­kehr gemeint.

Schwarz-Gelbe Hilfe

Mehr Artikel

Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge
Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge

Straf­be­fehle gegen Sozi­al­ar­bei­ter in Fan­pro­jek­ten sind unhalt­bar – Ermitt­lun­gen gegen Fuß­ball­fans neh­men gro­teske Züge

Das Bündnis für Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit hat öffentlich gemacht, dass Sozialarbeiter im Fanprojekt Karlsruhe mit Strafbefehlen überhäuft wurden, weil sie sich an ihre Schweigepflicht gehalten und nicht gegen Fußballfans ausgesagt haben. Die...