Ende Januar 2021 veröffentlichte die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, ein Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die regelmäßig Fußballfans vertreten, eine Pressemitteilung über ein Urteil des Verwaltungsgericht Sigmaringen. https://www.fananwaelte.de/?p=165 Aus diesem Urteil geht hervor, dass der Einsatz von sogenannten polizeilichen Spähdrohnen gegen Fußballfans grundsätzlich rechtswidrig sei, so lange die Polizei für die Betroffenen nicht erkennbar auf einen Drohneneinsatz hinweist. Ein weiterer Erfolg für Fanrechte, für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und damit ein weiterer Schlag gegen die immer weiter ausufernden polizeilichen Überwachungsbefugnisse.
Schon vor knapp 14 Jahren konnten Fußballfans mit diesen unbemannten Flugobjekten rund um sächsische Stadien erste Erfahrungen sammeln. In einer damaligen Großoffensive des Sächsischen Staatsministeriums des Innern, geführt durch den damaligen Minister Albrecht Buttolo (CDU), kündigte man im Januar 2008 einen umfangreichen Maßnahmenkatalog, gegen Gewalt in Fußballstadien an. Flankiert wurde das damalige Projekt von einer Poster-Imagekampagne “…dann zieh unser Trikot aus”, auf dem fünf Spieler der zu dem Zeitpunkt wichtigsten sächsischen Fußballvereine posierten. Neben schon damals altbekannten Maßnahmen, wie bspw. Polizeibeamte in Zivil, gemeinsamen Sicherheitsberatungen zwischen Polizei, Vereinen und Verbänden oder gar Meldeauflagen für vermeintliche Hooligans bei Brisanzspielen, enthielt das Papier auch den Einsatz sogenannter Drohnen. Jene mit Videokamera versehenen unbemannten Aufklärungsflugzeuge, die normalerweise vom Militär zur Feindbeobachtung genutzt werden. Eine für die damalige Zeit ziemlich spektakuläre und bis dato auch einzigartige Maßnahme, wenn es um Fußball geht.
Doch die Geschichte der Polizeidrohne in Sachsen ist recht schnell erzählt. Erste kritische Stimmen ertönten, als im Mitte April 2008 noch immer kein Flugstart über einem sächsischen Fußballstadion verzeichnet werden konnte. Sachsens damaliger Polizeipräsident Bernd Merbitz räumte gegenüber der Sächsischen Zeitung ein, dass es einen solchen Grund zum Einsatz schlichtweg noch nicht gab. Ein schon damals ziemlich teures und ungenutztes Prestigeobjekt des sächsischen Innenministers. Die Antwort auf eine Anfrage von Johannes Lichdi (Bündnis90/Die Grünen) hatte ergeben, dass allein die Anmietung eines Gerätes jedes Jahr 76.000 € kostete, der Einsatz der nötigen “Bildauswertetechnik” noch einmal 22.000 €. Doch kaum ertönten diese Stimmen, setzte die sächsische Polizei beim Spiel Chemnitzer FC gegen Sachsen Leipzig (30.04.2008) diese zum ersten Mal ein. Kurz danach folgte am 02.05.2008 die zweite Flugshow des Sensocopters beim vermeintlichen Risikospiel der SG Dynamo Dresden gegen Rot-Weiß Erfurt rund um das Rudolf-Harbig-Stadion. Drei weitere Fußballeinsätze folgten, 2008 in Bautzen, erneut in Dresden und in Zwickau. Im Jahr 2009 folgten drei Einsatzflüge beim Fußball, im Jahr darauf nur noch zwei. Es drohte die absolute Bruchlandung.
Man haderte vor allem mit der Bedienbarkeit des komplizierten Fluggeräts – Abstürze und Zusammenstöße inklusive. Ans Aufgeben dachte aber der Freistaat trotzdem nicht, im Gegenteil. Mit dem Verweis, dass die bisher getestete Drohne zu leicht sei, wurde im Jahr 2009 mit der MD 4–1000 ein schwereres Nachfolgemodell zu monatlichen Leasinggebühren von 2380€ angeschafft. Im Februar 2011 wurde die Drohne trotz erneuter rechtlicher Bedenken zur Überwachung von Demonstrationen eingesetzt. Eine Nachfrage hatte ergeben, dass der SensoCopter am 13. Februar 2011 für genau 18 Minuten im Einsatz war. Bilder wurden an die Leitzentrale übertragen, aber nicht aufgezeichnet. Für Polizei und Justiz erwies sich die Technik als völlig unbrauchbar. Die Fluggeräte wurden nun nur noch bei unspektakulären Fällen getestet. Bei der Suche nach Cannabispflanzen in Maisfeldern oder in Zusammenhang mit Einbrüchen war sie ebenso im Einsatz, wie beim Sachsenderby zwischen unserer SG Dynamo und Erzgebirge Aue (20.11.2011).
Im Juli 2012 forderte Eva Jähnigen, damalige innenpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag gegenüber der LVZ: “Sachsens Drohne gehört in die Mottenkiste. Die Bilanz des einstigen Prestigeprojektes der Innenminister und des Polizeipräsidenten Bernd Merbitz bleibt jämmerlich.” Am 20.10.2012 erfolgte schließlich der bisher letztmalige Einsatzflug einer Polizei-Drohne bei einem sächsischen Fußballspiel. Die Sportgemeinschaft Dynamo Dresden spielte gegen die Eintracht aus Braunschweig und verlor 0:2. Zuvor gab es lediglich Flüge zu Präsentations- und Schulungszwecken, ansonsten erfolgten Einsätze bei Sprengungen von Kampfmitteln und zur Brandursachenermittlung.
Ein Blick in das Jahr 2020 zeigt aber, dass sich die sächsische Polizei bis heute nicht von diesem teurem Einsatzspielzeug verabschiedet hat. Insgesamt werden aktuell sechs unbemannte Fluggeräte verschiedenster Hersteller und Typen betrieben, alle angeschafft in den letzten vier Jahren, welche derzeit größtenteils zur Brandursachen- und Tatortermittlungen oder zur Öffentlichkeitsarbeit genutzt wird. Insgesamt 14 Einsatzkräfte der Polizei Sachsen sind befähigt, diese Drohnen zu fliegen. Einer Anfrage der Landtagsabgeordneten Marika Tändler-Walenta (DIE LINKE) zufolge soll nach Aussage des aktuellen Innenministers Roland Wöller (CDU) im Unterschied zur Vergangenheit der präventive Einsatz von Drohnen zur Videoaufzeichnungen von Personen — zum Beispiel im Rahmen von Fußballeinsätzen — nicht mehr stattfinden. Damit wäre zwar aus der Sicht der Schwarz-Gelben Hilfe dem Rechtsstaat genüge getan, nicht jedoch dem sparsamen Einsatz von Steuermitteln.