Schal­raub in Zwi­ckau — Frei­spruch für Dynamofans

13 Mai 2020 | Abgeschlossene Verfahren

Mitte Januar 2020 muss­ten sich drei Dyna­mo­fans vor dem Jugend­schöf­fen­ge­richt des Amts­ge­richts Dres­den auf­grund einer ver­meint­li­chen räu­be­ri­schen Erpres­sung ver­ant­wor­ten. Diese soll­ten im Nach­gang des Fuß­ball­spiels zwi­schen dem FSV Zwi­ckau und dem FC Hansa Ros­tock einem Anhän­ger der Han­sea­ten den Schal gestoh­len und den Ver­such began­gen zu haben des­sen ‑am Spiel­tag ausgegebene- Army-Mottojacke der Fan­szene zu entwenden.
Für zwei der ange­klag­ten Dyna­mo­fans endete das fast drei­jäh­rige Straf­ver­fah­ren gegen sie mit einem Frei­spruch. Gegen einen wei­te­ren Dyna­mo­fan wurde wäh­rend der Ver­hand­lung das Straf­ver­fah­ren gegen eine Geld­auf­lage im mitt­le­ren drei­stel­li­gen Bereich eingestellt.

Es ist der 20.03. 2017 — der 28. Spiel­tag der dritt­höchs­ten Fuß­ball­liga. Der FSV Zwi­ckau emp­fängt nach zwölf­jäh­ri­ger Pause das erste Mal wie­der den FC Hansa Ros­tock. Zwei große Tra­di­ti­ons­ver­eine mit den jewei­li­gen Fan­sze­nen tref­fen auf­ein­an­der. Auf der einen Seite wird zu “Eine Stadt — Ein Auf­trag” der Zusam­men­halt beschwo­ren — auf der ande­ren Seite des Sta­di­ons ruft man mit­tels “Hansa ist gross” im Islamismus-Style und Bun­des­wehr­mot­to­ja­cken zum Fuß­ball­glau­bens­krieg auf. Beide Sei­ten umrah­men das Fuß­ball­spiel mit akkus­ti­schen Akzen­ten und pyro­tech­ni­schen Ein­la­gen. Die Mann­schaf­ten tren­nen sich auf dem Rasen mit 2:2 — Unent­schie­den. Abpfiff.

Laut der Staats­an­walt­schaft Dres­den sol­len sich nun die drei Dyna­mo­fans mit einem gemein­sa­men Tat­ent­schluss im Kopf gen Gäs­te­block auf­ge­macht haben, um dort auf ein han­sea­ti­sches Fan­pär­chen zu tref­fen und sich deren Fanu­ten­si­lien mit­tels Andro­hung von kör­per­li­cher Gewalt zu anzunehmen.

Die Bereit­schafts­po­li­zei Leip­zig umzin­gelt dar­auf­hin in Zwickau-Eckersbach eine Gruppe Dyna­mo­fans, wel­che die Zwi­ckauer Freunde an die­sem Abend unter­stüt­zen, dar­un­ter auch die spä­te­ren Ange­klag­ten. Alle Per­so­nen wer­den nun erken­nungs­dienst­lich behan­delt. Der geschä­digte Hansa-Fan und seine Freun­din wur­den zur sofor­ti­gen Gegen­über­stel­lung hin­zu­ge­zo­gen — er erkennt wohl sofort einen der Übel­tä­ter, seine Freun­din erkennt kei­nen. Die ver­meint­li­chen Täter schwei­gen vor Ort und auch im spä­te­ren Verfahren.

Es fol­gen Beschul­dig­ten­vor­la­dun­gen, Opfer- und Zeu­gen­ver­neh­mun­gen und im Juni 2018 die Ankla­ge­schrift sei­tens der Staats­an­walt­schaft Dres­den. Mitte Januar 2020 folgte nun der Gerichts­pro­zess am Jugend­schöf­fen­ge­richt Dresden.

Es wer­den ins­ge­samt sie­ben Zeu­gen gehört — fünf Poli­zis­ten der Bereit­schafts­po­li­zei und der geschä­digte Han­safan und seine dama­lige Beglei­tung. Im Laufe des Gerichts­pro­zes­ses wer­den durch die Ver­tei­di­gung der drei Dyna­mo­fans Feh­ler und Unge­reimt­hei­ten in der Poli­zei­ar­beit aufgedeckt.
Den Geschä­dig­ten wur­den Licht­bild­map­pen vor­ge­legt, die für eine Iden­ti­fi­zie­rung nicht geeig­net waren, da sie die Wahr­neh­mung der Zeu­gen deut­lich mani­pu­lier­ten und sich in teil­weise deso­la­ter Qua­li­tät befan­den. Auch fand die poli­zei­li­che Ver­neh­mung des Opfers und sei­ner Lebens­ge­fähr­tin zusam­men und in einem Raum statt. Beide iden­ti­fi­zier­ten und bezich­tig­ten wenig über­ra­schend die glei­chen Per­so­nen aus der bereit­ge­stell­ten Lichtbildmappe.
Die gela­de­nen Poli­zei­zeu­gen konn­ten zur Tat­auf­klä­rung wenig bei­tra­gen, da sie ent­we­der unge­naue Anga­ben mach­ten oder nichts äußern konnten.

Fol­ge­rich­tig ent­schied das Gericht, zwei Dyna­mo­fans frei­zu­spre­chen. Auf­grund der oben beschrie­be­nen sofor­ti­gen Iden­ti­fi­zie­rung am Tat­ort, wel­che auch ange­zwei­felt wer­den kann, musste ein ange­klag­ter Dyna­mo­fan eine Geld­auf­lage hin­neh­men, um das Ver­fah­ren gegen sich ein­stel­len zu lassen.

Eure Schwarz-Gelbe Hilfe

Mehr Artikel

Joa­chim Herr­mann tritt Grund­rechte mit Füßen – Fuß­ball­fans sind keine Staatsgefahr
Joa­chim Herr­mann tritt Grund­rechte mit Füßen – Fuß­ball­fans sind keine Staatsgefahr

Joa­chim Herr­mann tritt Grund­rechte mit Füßen – Fuß­ball­fans sind keine Staatsgefahr

Der bayerische Innenminister hat sich heute herablassend über Fußballfans geäußert. Der Dachverband der Fanhilfen widerspricht den Aussagen von Joachim Herrmann deutlich und fordert eine sachliche Debatte anhand polizeieigener Statistiken.Dazu betont Linda Röttig,...

Bun­des­wei­tes Tref­fen der Fan­hil­fen – Fan­hil­fen for­dern Abrüs­tung der Polizei
Bun­des­wei­tes Tref­fen der Fan­hil­fen – Fan­hil­fen for­dern Abrüs­tung der Polizei

Bun­des­wei­tes Tref­fen der Fan­hil­fen – Fan­hil­fen for­dern Abrüs­tung der Polizei

Der Dachverband der Fanhilfen hat sich heute zu seinem jährlichen bundesweiten Treffen in Münster zusammengefunden. Die Fanhilfen fordern eine Abrüstung der Polizei und sprechen sich für ein Schusswaffen- und Pfeffersprayverbot in den Stadien aus. Auch die...