Sta­di­on­ver­bot!? — Wie läuft das eigent­lich ab?

13 Okt 2022 | Allgemein

Nicht erst durch den Auf­tritt der Sport­ge­mein­schaft Dynamo Dres­den in Bay­reuth und deren unrühm­li­chen Begleit­erschei­nun­gen wäh­rend und nach dem Spiel, son­dern auch durch das Auf­stiegs­spiel der SGD gegen Türk­gücü am 16.05.2021 ist die Ver­gabe und Kon­trolle von bun­des­wei­ten Sta­di­on­ver­bo­ten in der Dresd­ner Medien- und Pres­se­land­schaft in aller Munde.

“Auf­fal­lend ist hier­bei, dass teil­weise leere Wort­hül­sen und Phra­sen ver­schie­dens­ter Akteure in einen Topf geschmis­sen und bunt ver­mischt wer­den. Am Ende erschei­nen Pres­se­be­richte, die ein­fach inhalt­lich falsch sind” resü­miert Danny Graup­ner, Vor­stand der Schwarz-Gelben Hilfe — Fan­hilfe der SG Dynamo Dresden.

Die Ver­gabe von bun­des­wei­ten Sta­di­on­ver­bo­ten regeln die soge­nann­ten “Richt­li­nien zur ein­heit­li­chen Behand­lung von Sta­di­on­ver­bo­ten” des Deut­schen Fuß­ball­bun­des. Diese Richt­li­nien klä­ren auf der Grund­lage des Haus­rechts ver­schie­denste Fra­ge­stel­lun­gen, so zum Bei­spiel die Zustän­dig­keit, die Dauer von Sta­di­on­ver­bo­ten und natür­lich auch die Aus­spra­che die­ser ver­meint­lich prä­ven­ti­ven Maß­nahme des Fuß­ball­ver­ban­des und sei­ner ange­hö­ri­gen Fußballklubs.

“Diese Sta­di­on­ver­bots­richt­li­nien wer­den von bun­des­deut­schen Fan­sze­nen seit Jahr­zehn­ten kri­ti­siert. Fans kön­nen ein mehr­jäh­ri­ges Sta­di­on­ver­bot durch ihren Ver­ein erhal­ten, obwohl im Straf­pro­zess das Ver­fah­ren spä­ter ein­ge­stellt oder der Betrof­fene gar durch ein Gericht frei­ge­spro­chen wird. Das grenzt schon fast an Par­al­lel­jus­tiz” meint Graupner.

Daher wurde bei vie­len Fuß­ball­klubs, auch bei der SG Dynamo Dres­den, eine soge­nannte Sta­di­on­ver­bots­an­hö­rungs­kom­mis­sion (kurz: SVAK) gegrün­det, wel­che den betrof­fe­nen Fans eine Mög­lich­keit bie­tet, das Ver­fah­ren fai­rer, aber auch trans­pa­ren­ter zu gestalten.

Dazu erklärt Danny Graup­ner: “Regt also die ört­li­che Poli­zei durch ver­meint­li­che Erkennt­nisse in einem ein­ge­lei­te­ten Ermitt­lungs­ver­fah­ren rund um ein Fuß­ball­spiel bei dem jewei­li­gen Ver­ein ein Sta­di­on­ver­bot gegen eine Per­son an, besteht die Mög­lich­keit, dass der betrof­fene Fuß­ball­an­hän­ger sich anhö­ren las­sen kann, ohne die pau­schale Ver­gabe des Sta­di­on­ver­bots durch die Geschäfts­füh­rung der SG Dynamo Dresden.”

Die SVAK besteht dabei aus fol­gen­den Mit­glie­dern, wel­che in ihren jewei­li­gen Orga­ni­sa­tio­nen und Ver­ei­nen haupt­amt­lich ange­stellt sind:

Stadionverbotsbeauftragte/r des SG Dynamo Dres­den e.V.

Fanbeauftragte/r des SG Dynamo Dres­den e.V.

ein/e Vertreter/in des Fan­pro­jekt Dres­den e.V.

ein/e Vertreter/in aus dem Bereich der Jugendhilfe.

Deren Auf­gabe besteht darin, durch die Anhö­rung fest­zu­stel­len, ob von der Per­son zukünf­tig eine poten­ti­elle Gefahr aus­geht. Der zugrunde lie­gende Tat­vor­wurf durch die Poli­zei wird dabei nur indi­rekt bewer­tet. Anhand ver­schie­dens­ter Gesichts­punkte und erlang­ten Erkennt­nisse, wel­che im Ver­lauf des Gesprächs mit dem Fan gewon­nen wer­den, erar­bei­ten die Mit­glie­der der SVAK eine Pro­gnose über das zukünf­tige Ver­hal­ten des Fans.

“Juris­ten oder Poli­zei­be­amte, die nur auf den Geset­zes­text oder den Tat­vor­wurf schauen, wären in der SVAK völ­lig fehl am Platz. Es kommt bei den Mit­glie­dern der Kom­mis­sion vor allem auf umfang­rei­che Men­schen­kennt­nisse und lang­jäh­rige Erfah­rung in der sozia­len Arbeit an, um den betrof­fe­nen Fan eine sol­che weit­rei­chende Pro­gnose zu stel­len” merkt der Vor­stand der Fan­hilfe aner­ken­nend an.

Am Ende spricht die Sta­di­on­ver­bots­an­hö­rungs­kom­mis­sion eine Emp­feh­lung über die Ver­gabe eines Sta­di­on­ver­bots gegen­über der Geschäfts­füh­rung der SG Dynamo Dres­den e.V. aus, wel­che die finale Ent­schei­dung fällt.

“Für viele Fans und Außen­ste­hende ist das Pro­ze­dere ein­fach schwer greif­bar. Vor allem dann, wenn ein Fuß­ball­fan von einem poli­zei­li­chen Ermitt­lungs­ver­fah­ren, auf­grund feh­len­der Infor­ma­tio­nen sei­tens der Poli­zei über den Anfangs­tat­ver­dacht, durch einen Brief des eige­nen Lieb­lings­klubs erfährt. Für den Fan wird somit der eigene Ver­ein gleich­zei­tig zur Poli­zei und zum Rich­ter, wel­cher gegen ihn ermit­telt und ihn auch bestra­fen kann. Von einer Prä­ven­tiv­maß­nahme ist man da weit ent­fernt. Dies ist aller­dings kein struk­tu­rel­les Pro­blem bei der SGD, son­dern die grund­le­gende Kri­tik an den Sta­di­on­ver­bots­richt­li­nien des DFB” schluss­fol­gert Graupner.

Schwarz-Gelbe Hilfe e.V. — 13.10.2022

Wei­tere Infor­ma­tio­nen zum Thema Sta­di­on­ver­bot:https://www.fanprojekt-dresden.de/wp-content/uploads/2022/08/MerkzettelSVAKkorrekt‑1.pdf

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