ERSTE HILFE
Tipps zum Verhalten im Umgang mit Polizei und JustitzEinführung
“Ruhe bewahren Aussage verweigern”
Immer häufiger stehen polizeiliche Maßnahmen gegen Fans auf der Tagesordnung. Polizeiwillkür, Festnahmen, Strafbefehle sind im Fußballalltag keine Ausnahmen mehr. Durch einen übertriebenen Sicherheitswahn scheint die Unschuldsvermutung, auf der unser Rechtssystem aufbaut, außer Kraft gesetzt worden zu sein (Bspw. Unterbindungsgewahrsam). Das bedeutet: Auch wenn du ein unbeschriebenes Blatt mit weißer Weste bist, kann es sich genauso treffen wie alle anderen auch.
In Situationen wie z.B. einer Festnahme ist es nicht einfach, die Ruhe zu bewahren. Es besteht die Gefahr, dass durch Unkenntnis der Rechtslage und falsches Verhalten Strafverfahren in einer Verurteilung enden.
Grundsätzlich gilt: Ruhe bewahren, Aussage verweigern, nichts unterschreiben, die Schwarz-Gelbe-Hilfe informieren und einen Anwalt organisieren.
WERDE MITGLIED BEI DER SGH!
In einer Solidargemeinschaft wird der einzelne durch die Geimeinschaft stärker. Mit deiner Mitgliedschaft kannst du dir selbst in einer Notlage unsere Unterstützung sichern und gleichzeitig anderen helfen, die in einer ähnlichen Situation sind.
Details
Blutentnahme
ür die Entnahme von Blut ist grundsätzlich ein richterlicher Beschluss nötig. Allerdings wurde die Befugnis der Polizei erheblich erweitert: Mittlerweile ist kein richterlicher Beschluss nicht mehr notwendig, wenn es sich um den Verdacht der Begehung eines Straßenverkehrsdeliktes handelt, z.B. Führen eines Fahrzeugs unter Einfluss von Alkohol oder anderer berauschender Mittel. Die Polizei kann also in eigener Befugnis eine Blutentnahme anordnen. Das könnte in Zukunft vermehrt bei Verkehrskontrollen bei Anfahrten zu Spielen vorkommen.
Es gilt aber weiterhin: Willigt niemals freiwillig in die Blutentnahme ein und unterschreibt kein schriftliches Einverständnis! Duldet die Blutentnahme lediglich passiv! Seid Ihr Euch unsicher, dann ruft einen Anwalt oder die Schwarz-Gelbe Hilfe an!
DNA-Probe
Auf keinen Fall freiwillig abgeben! Für die Entnahme einer DNA-Probe ist ein richterlicher Beschluss nötig. Daher niemals in die DNA-Entnahme freiwillig einwilligen und ein schriftliches Einverständnis unterschreiben! Duldet die Entnahme lediglich passiv! Legt mündlich Einspruch ein und lasst Euch diesen unbedingt protokollieren. Zieht davor oder im Nachgang einen Anwalt hinzu, der die Rechtmäßigkeit der (angekündigten) Probe prüft!
Erkennungsdienstliche Behandlung (ED-Behandlung)
Bei einer ED-Behandlung werden i.d.R. Fingerabdrücke, Handflächenabdrücke, Fotos von Gesicht und von verschiedenen körperlichen Merkmalen (z.B. Tätowierungen oder Narben) gemacht. Es ist zu unterscheiden zwischen einer ED-Behandlung im Rahmen eines Strafverfahrens oder im Rahmen polizeilicher Präventivmaßnahmen (sog. Erkennungsdienst).
Im Strafverfahren kann die ED-Behandlung auch gegen Euren Willen durchgeführt werden. In den übrigen Fällen stehen Euch ein vorheriges Anhörungsrecht sowie ein Widerspruchsrecht gegen die polizeiliche Anordnung zu, da es sich um einen Verwaltungsakt handelt. Wenn die Behörde die sofortige Vollziehung anordnet, weil aus ihrer Sicht das öffentliche Interesse an der Erhebung der Daten das Interesse des Einzelnen am Schutz seines informationellen Selbstbestimmungsrechts überwiegt, dann könnt Ihr die aufschiebende Wirkung Eures Rechtsmittels nur vor Gericht wiederherstellen lassen.
Grundsätzlich gilt auch hier: Lasst Euch nicht aus der Ruhe bringen! Bleibt freundlich, aber bestimmt! Leistet keinen körperlichen Widerstand gegen die Beamten, sonst droht eine Anzeige. Macht keine Aussage und beantwortet keine Fragen! Nichts ausfüllen oder gar unterschreiben!
Tipp: Bei einer ED-Behandlung habt Ihr keinerlei Mitwirkungspflicht. Das Händewaschen und Bekleidung ablegen kann ruhig der Beamte durchführen. Achtung: Keinen Widerstand leisten!
Gedächtnisprotokoll
Was ist ein Gedächtnisprotokoll?
Zur Aufrechterhaltung von Präventivmaßnahmen gegen Fußballfans, wie bundesweiten Stadionverboten und/oder Betretungsverboten, mahlen die Mühlen der Justiz langsamer als gewohnt. Etwaige Strafverfahren ziehen sich bekanntermaßen über Jahre hinweg und nicht nur die Betroffenen verlieren Unmengen an Nerven, es gehen auch entscheidende Details des Vorgangs verloren.
Ein Gedächtnisprotokoll ist eine schriftliche Gedankenstütze, bei dem ihr festhaltet, was bei staatlichen bzw. polizeilichen Maßnahmen geschehen ist.
Es dient für etwaige spätere Verfahren für eure Entlastung oder der Entlastung anderer Dynamofans und kann von euren Anwälten oder den Anwälten der Schwarz-Gelben Hilfe e.V. unter Verschluss bewahrt werden. Daneben dient es der Dokumentation von Polizeigewalt bzw. den gesetzlichen Fehltritten der Polizei.
Beim Schreiben immer daran denken:
Ein Gedächtnisprotokoll sollte weder euch noch andere belasten. Es enthält ausschließlich Fakten! Je genauer das Protokoll, desto besser kann später auf mögliche Anklagepunkte reagiert werden. Ungenaue Protokolle nutzen euch und dem Anwalt später wenig! Bitte schildert so detailliert wie möglich den Geschehensablauf. Keine Vermutungen, Emotionen oder gar persönliche Lageeinschätzungen. Am Ende können Kleinigkeiten in deiner Aussage entscheidend zu deiner Glaubwürdigkeit beitragen
Folgende Punkte dienen dabei als Orientierung:
– Datum, Wetter & Uhrzeit
– Ort (Straße/Ortsbeschreibungen) und Dauer des Geschehens
– Beteiligte Polizisten (Polizeieinheit, Landespolizei/Bundespolizei, Dienstnummern, Kfz-Kennzeichen, Art der Uniform)
– Verletzungen (wenn ja, wer und welcher Art)
– Wer hat wann, was, von welchem Standpunkt aus, in welcher Reihenfolge gesehen?
Falls Du in Gewahrsam genommen wurdest:
– Wann wurdet Ihr wo in Gewahrsam genommen?
– Was genau ist vor, während und nach der Festnahme geschehen?
– Wie wurdet Ihr behandelt?
– Was wird Euch/Dir vorgeworfen?
– Kam es zu einer ED-Behandlung/DNA-Entnahme?
– Hast Du deine Aussage verweigert oder eine getätigt?
– Hast Du etwas unterschrieben?
Unsere Erfahrungen zeigen das solche Formen von Gedächtnisprotokollen unmittelbar nach den stattgefundenen Ereignissen nieder geschrieben werden sollten, selbst im Laufe kürzer Zeit gehen viele wichtige Informationen und Details verloren.
Wir empfehlen jeden Betroffenen von polizeilichen Repressionen und Polizeigewalt, ein solches Gedächtnisprotokoll anzufertigen.
Verzichtet dabei auf eine unverschlüsselte Weitergabe per E‑Mail, da diese Art von Kommunikation wie eine Postkarte gelesen werden kann.
Hausdurchsuchung
Für dieses Thema empfehlen wir unser selbst angefertigtes Plakat. Dort ist alles kurz und knapp zusammengefasst.
Identifikationsfeststellung & Umgang mit der Polizei
Grundsätzlich will die Polizei von jedem Einzelnen so viel wie nur möglich erfahren. Es gibt verschiedene Datenbanken, in die die erhaltenen Informationen eingespeist werden. Man kann davon ausgehen, dass alles, was der Staat jemals an Daten erhalten hat, dauerhaft gespeichert wird.
Ihr müsst folgende Daten auf Nachfrage angeben: Name, Vorname, Adresse, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Berufssituation (arbeitslos, Angestellter, selbstständig) – d.h. alle Daten, die im Personalausweis stehen, müssen bei Befragung den Beamten wahrheitsgemäß wiedergegeben werden, anderenfalls handelt man ordnungswidrig.
Tipp: Gebt niemals Daten freiwillig heraus! Es wird oft nach Telefonnummer, Arbeitgeber, Angehörigen oder Verdienst gefragt. Macht dazu keine Angaben!
Grundsätzlich gilt: Ruhiges Verhalten, freundlicher Ton und keine unnötigen Angaben! Nichts unterschreiben! Ihr könntet das Beamtendeutsch missverstehen! Manchmal hängt es nur an einem Wort, denn es besteht beispielsweise ein Unterschied zwischen „kann“ oder „muss“.
Tipp: Lasst Euch möglichst eine Visitenkarte des Beamten geben sowie Aktenzeichen/Vorgangsnummer!
Ingewahrsamnahme & Vernehmung
Die Polizei muss der festgenommenen Person mitteilen, dass sie beschuldigt ist und was ihr zur Last gelegt wird. Außerdem muss der Polizeibeamte darüber belehren, dass man jederzeit einen Verteidiger kontaktieren kann. Der Polizeibeamte muss auch bei der Kontaktaufnahme behilflich sein, z.B. durch Bereitstellung der Liste über anwaltliche Notdienste.
Daher gilt: Verlangt freundlich, aber bestimmt nach einem Telefongespräch mit Eurem Anwalt! Fragt, bevor Ihr anruft, wo Ihr euch genau befindet und wie man die Dienststelle telefonisch erreichen kann!
Nach Angabe der Personalien hat man als Beschuldigter grundsätzlich das Recht, die Aussage zu verweigern. Von diesem Recht sollte jeder Beschuldigte Gebrauch machen! Dadurch entsteht Euch kein Nachteil. Das Wichtigste: Macht auf keinen Fall Angaben zur Sache! Viele denken, dass es gut ist, mit den Beamten zu sprechen. Das ist nicht richtig! Oft sagen die Ermittler zu Beschuldigten, dass sie aussagen sollen, dann würden sie nicht so hart bestraft werden und alles würde sich aufklären. Glaubt das nicht! Polizisten bieten Euch das „Du“ und eine Zigarette an und verwickeln euch in ein scheinbar freundschaftliches Gespräch. Juristen bezeichnen diese Vorgehensweise als kriminalistische List. Die ist zwar nicht verboten, für Beschuldigte aber äußerst gefährlich.
Beachtet immer: Keine Aussage als Beschuldigter! Du kannst als Betroffener nicht erkennen, welche Aussage für dich gut ist und welche schlecht. Fehler zu Beginn des Verfahrens sind oft nicht mehr wiedergutzumachen. Informiert einen Rechtsanwalt oder die Schwarz-Gelbe Hilfe!
Dauer der Festhaltung ohne Haftbefehl
Die Polizei kann Euch bis zum Ablauf des Folgetages vorläufig festnehmen. Dabei muss sie Euch u.a. mitteilen, warum Ihr vorläufig festgenommen wurdet und dass es Euch freisteht, Angaben zur Sache zu machen. Auch hier gilt: Ihr habt jederzeit das Recht, einen Anwalt zu kontaktieren. Wenn Ihr noch länger in Haft bleiben sollt, müsst Ihr dem Haftrichter vorgeführt werden. Dieser müsste dann die Untersuchungshaft anordnen.
Strafbefehl
Es kann schon ‘mal vorkommen, dass nach einer ruppigen Auseinandersetzung oder einem emotional aufgeladenen Fußballspiel auf einmal ein Strafbefehl ins Haus flattert. Ein Strafbefehl ist quasi eine Verurteilung ohne Verhandlung. Ihr könnt innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen und bekommt einen ganz normalen erstinstanzlichen Prozesstermin. Somit dient der Strafbefehl dann als Anklageschrift. Ganz wichtig hierbei ist auch die Aufbewahrung des Umschlages. Der dort abgedruckte Poststempel mit Datum ist sehr wichtig. Kontaktiert die Schwarz-Gelbe Hilfe, die Euch einen Anwalt vermittelt, der alles Notwendige in die Wege leitet. Auf jeden Fall müsst Ihr die Frist einhalten, da sonst der Strafbefehl automatisch rechtskräftig wird. Beauftragt unbedingt Freunde und Verwandte, um Euren Briefkasten zu leeren, damit keine Fristen versäumt werden, wenn Ihr im Urlaub oder auf Montage seid.
Tipp: Das Gericht ist nicht an die Rechtsfolgen des Strafbefehls gebunden. Das heißt, Ihr könntet höher bestraft werden als im eigentlichen Strafbefehl vorgesehen. Euer Anwalt wird Euch aber beraten und erst einmal Akteneinsicht nehmen. Solltest Ihr schon Einspruch eingelegt haben, kann dieser bis zur Urteilsverkündung zurückgezogen werden.
Vorladung
Vorladung als Beschuldigter
Wenn Ihr eine schriftliche Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung bekommt, müsst Ihr zu diesem Termin nicht erscheinen. Euer Nichterscheinen kommt einer Aussageverweigerung gleich und Ihr umgeht mögliche weitere vorbereitete Maßnahmen. Informiert im Vorfeld die Schwarz-Gelbe Hilfe, die Euch dann einen Anwalt vermittelt!
Vorladung als Zeuge
Grundsätzlich gilt hier: Wenn man aussagt, muss es der Wahrheit entsprechen! Ansonsten kann es sein, dass man sich eine Anzeige wegen Strafvereitelung oder Falschaussage o.ä. einhandelt! Mittlerweile muss sogar der Zeuge auf die Ladung der Polizei erscheinen. Das gilt allerdings nur, wenn ein Auftrag der Staatsanwaltschaft vorliegt. Fragt im Zweifel bei der Schwarz-Gelben Hilfe nach oder kontaktiert einen Anwalt!
Wird eine staatsanwaltschaftliche oder eine richterliche Vernehmung angeordnet, muss man allerdings immer erscheinen. Ein Anwalt an Eurer Seite als Zeugenbeistand ist immer möglich. Eine anwaltliche Beratung im Vorfeld ist sinnvoll, möglicherweise habt Ihr auch ein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht!
Tipp: Finger weg von Aussagen, um einen Freundschaftsdienst zu machen! Des Öfteren haben Zeugen den Gerichtssaal bei Falschaussagen nicht mehr frei verlassen. Gerichte lassen sich nicht gerne belügen!