Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat entschieden, dass grundsätzlich keine Gefahr von einem Fußballfan ‑insbesondere einem Ultra- ausgeht.
Ein Fan des SV Werden Bremen und Sympathisant der dortigen Ultraszene fuhr im Februar 2017 mit weiteren Anhängern seines Vereins in einem Reisebus zu einem Auswärtsspiel gegen den VfL Wolfsburg. Nachdem es auf einer Raststätte laut Zeugenaussagen zu Sachbeschädigungen (Graffiti) gekommen sein soll, stoppte die Polizei den Reisebus der Fans und führte Maßnahmen wie zum Beispiel Identitätsfeststellungen, Durchsuchungen und erkennungsdienstliche Behandlungen durch. Ein Zusammenhang zwischen der Sachbeschädigung und dem klagenden Fan konnte nicht hergestellt werden, insbesondere wurden keine Sprühdosen in dem Reisebus gefunden. Nach Beendigung der Maßnahmen entschloss sich die Polizei den Reisebus nach Bremen zurückzuführen. Den Fußballfans war es nicht möglich, den Bus eigenmächtig zu verlassen und somit verpassten diese Anhänger des SV Werder das Auswärtsspiel in Wolfsburg.
Das Gericht gab nun der Beschwerde des Fußballfans statt, da die Ingewahrsamnahme (Freiheitsentzug durch das Nicht-Verlassendürfen des Busses) rechtswidrig war. Allein die Zugehörigkeit eines Fußballfans zur Ultra-Szene und die Einstufung als Fan der „Kategorie B“ durch selbsternannte szenekundige Beamte genügt nicht, um eine eventuelle Gefahrenprognose zu erstellen. Das OLG Braunschweig führt dazu in seinem Beschluss aus, dass Tatsachen hinzukommen müssen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Person, welche sich einer Ultra-Gruppe zugehörig fühlt, in einem bestimmten Gebiet eine Straftat begehen wird.
So können beispielsweise das Mitführen von Waffen oder Gegenständen Anhaltspunkte für die Begehung einer zukünftigen Straftat sein, bei denen ersichtlich ist, dass sie für eine Tatbegehung bestimmt sind.
In dem Fall des Werder-Fans hatte die Polizei somit keine konkreten Anhaltspunkte, die eine Störereigenschaft begründen könnten. Eine Ingewahrsamnahme aufgrund eines allgemeinen Verdachts ohne ausreichende Tatsachen ist somit rechtswidrig.
Bildquelle: Bundeszentrale für politische Bildung