Ver­fah­ren gegen Poli­zei­be­amte eingestellt

4 Nov. 2018 | Abgeschlossene Verfahren, Allgemein, Blick über den Tellerrand, Repression

Im Zuge der Aus­ein­an­der­set­zun­gen rund um die Fuß­ball­par­tie 1.FC Mag­de­burg — SG Dynamo Dres­den am 16. April 2016, bei dem über 1000 Dyna­mo­fans durch ein kol­lek­ti­ves Haus­ver­bot aus­ge­sperrt wur­den, kam es im Rah­men von Kon­trol­len im Ein­gangs­be­reichs des Gäs­te­blocks sowie wäh­rend der Räu­mung des vor­ge­la­ger­ten Bereichs zu mas­si­ven Über­grif­fen und Fehl­ver­hal­ten von Sei­ten der ein­ge­setz­ten Polizeikräfte.

Aus einer par­la­men­ta­ri­schen Anfrage geht her­vor, dass ins­ge­samt neun Ermitt­lungs­ver­fah­ren gegen Poli­zei­be­amte ein­ge­lei­tet wur­den. In acht Fäl­len wurde wegen Kör­per­ver­let­zung im Amt (§ 340 StGB) ermit­telt. Zwei der Poli­zei­be­am­ten waren den Ermitt­lern sogar nament­lich bekannt, hier­von ein Bediens­te­ter der Poli­zei des Lan­des Sachsen-Anhalt und ein Bediens­te­ter der Poli­zei des Frei­staa­tes Sach­sen, in den wei­te­ren Fäl­len gegen unbe­kannte Täter.
In einem wei­te­ren Ermitt­lungs­ver­fah­ren im Zuge die­ses Fuß­ball­spiels bestand der Anfangs­ver­dacht gegen vier Poli­zei­be­diens­tete des Lan­des Sachsen-Anhalt wegen Erschlei­chens von Leis­tun­gen, straf­bar nach § 265a StGB.

Nach Abschluss der inter­nen Ermitt­lun­gen wur­den alle neun Ver­fah­ren auf­grund poli­zei­li­chen Fehl­ver­hal­tens an die jeweils zustän­dige Staats­an­walt­schaft abge­ge­ben. In drei der neun Ermitt­lungs­ver­fah­ren wur­den nach Aus­kunft des Minis­te­ri­ums Inne­res & Sport von einer Ankla­ge­er­he­bung abge­se­hen und ein­ge­stellt. Die rest­li­chen sechs Ermitt­lungs­ver­fah­ren wur­den auf­grund feh­len­der Täter­er­mitt­lung eben­falls fal­len gelassen.

Auch die Dienst­auf­sichts­be­schwerde des Fan­pro­jekts Dres­den e.V. erzielte kei­ner­lei greif­bare Ergeb­nisse. Diese wurde zuerst in der Zen­tra­len Beschwer­de­stelle des Minis­te­ri­ums Inne­res & Sport bear­bei­tet. Im Rah­men einer Arbeits­ta­gung der Zen­tra­len Infor­ma­ti­ons­stelle für Sport­ein­sätze (ZIS) mit den ent­spre­chen­den Lan­des­stel­len am 9./10. Februar 2017 wurde diese nach­fol­gend erör­tert und es gab eine interne Aus­wer­tung des Ein­satz­ta­ges. Dies führte aller­dings zu kei­ner­lei Kon­se­quen­zen für lei­tende oder aus­füh­rende Polizeibeamte.

Dass weder Dienst­auf­sichts­be­schwerde noch interne poli­zei­li­che Ermitt­lun­gen zu straf­recht­li­chen Kon­se­quen­zen führ­ten, ist ein struk­tu­rel­les und nahezu flä­chen­de­cken­des Pro­blem in der Bun­des­re­pu­blik. Neben der seit Jah­ren gefor­der­ten Kenn­zeich­nungs­pflicht für Poli­zis­ten, auch in geschlos­se­nen Ein­hei­ten, feh­len wei­ter­hin von der Poli­zei unab­hän­gige Ermitt­lungs­stel­len, die bei poli­zei­li­chen Fehl­ver­hal­ten ohne insti­tu­tio­nelle Nähe eigen­stän­dige Ermitt­lun­gen ein­lei­ten und füh­ren kön­nen. Am Bei­spiel der Beschwer­de­stelle des Minis­te­ri­ums Inne­res & Sport Sachsen-Anhalt ist diese weder zu straf- noch dienst­recht­li­chen Ermitt­lun­gen befugt. Des Wei­te­ren obliegt der Beschwer­de­stelle keine Dienst­auf­sicht über die Lan­des­po­li­zei. Auch hätte eine flä­chen­de­ckende Kenn­zeich­nungs­pflicht für Poli­zei­be­amte im Dienst zu einer bes­se­ren Täter­er­mitt­lung und einer Auf­klä­rung von Poli­zei­ge­walt, nicht nur im Fall des Aus­wärts­spiels der Sport­ge­mein­schaft Dynamo in Mag­de­burg, geführt.

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