Seit dem 5. Januar 2016 existiert in Sachsen eine zentrale Beschwerdestelle der Polizei, welche dem Staatsministerium des Innern (SMI) unterstellt ist. An diese können sich Bürger und Bürgerinnen nicht nur bei Hinweisen und Anregungen zur Arbeit der Polizei des Freistaates Sachsen wenden, sondern auch dann, wenn sich von der Polizei falsch behandelt fühlen. Alle eingegangenen Sachverhalte sollen geprüft und zusammen mit den betroffenen Polizeidienststellen ausgewertet werden. Auch für sächsische Polizisten steht der Weg der Beschwerde über diese Dienststelle des Staatsministeriums des Innern offen. „Durch die Beschwerdestelle soll das Vertrauensverhältnis zwischen der Polizei und den Einwohnern in Sachsen weiter gestärkt werden“, erklärte Innenminister Markus Ulbig (CDU) Ende Dezember 2015 gegenüber der Sächsischen Zeitung. Die Arbeit der Polizei solle so noch transparenter werden.
Doch nicht einmal ein Jahr nach dem Beginn gibt es nun schon erste Kritik an der Arbeit der Beschwerdestelle. Zwar nahmen die fünf Angestellten, jeweils zwei Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte, sowie ein Tarifbeschäftigter, bislang weit mehr als 200 Beschwerden und 445 Sachverhalte mit sonstigen Anliegen entgegen. Die Resultate der Beschwerdevorgänge, von denen 198 durch die Dienststelle bearbeitet wurden, liegt im Verhältnis zu den Konsequenzen augenscheinlich Recht im Argen und lässt erhebliche Zweifel am eigentlichen Sinn einer solchen Beschwerdeinstanz. Bei der Überprüfung der Ergebnisse der o.g. bearbeiteten Beschwerden stellte sich heraus, dass sich lediglich 10% der insgesamt 200 Beschwerden als begründet und 35 Beschwerden als teilweise begründet erwiesen. Nachfolgend konnte zu 17 Beschwerden keine Entscheidung getroffen werden, u.a., weil die Sachverhalte andere Behörden betrafen oder zur rechtlichen Würdigung der Staatsanwaltschaft vorgelegt wurden. Allerdings haben (Stand 31.12.2016) die durch die Zentrale Beschwerdestelle an die Polizeidienststellen zur Bearbeitung abgegebenen Beschwerden bis heute zu keinerlei internen dienstrechtlichen Konsequenzen geführt.
Zu Konsequenzen für die Beschwerdeführer, also für Bürger, die sich über die Polizei bei dieser zentralen Dienststelle beschwert hatten, führte es in mindestens drei Fällen. In diesen Vorgängen wurde während oder nach abschließend bearbeiteten Beschwerdevorgängen von Amts wegen oder von Bediensteten der sächsischen Polizei Anzeige wegen der Sachverhalte oder wegen der im Beschwerdeverfahren angeführten Beweismittel ermittelt. Alle diese drei Ermittlungsverfahren liegen derzeit bei sächsischen Staatsanwaltschaften zur Bearbeitung. Wir fordern deshalb die Einrichtung einer unabhängigen Kontrollstelle der sächsischen Polizei. Die Arbeit der Polizei muss im Bedarfsfall außerhalb der Behörde durch neutrale Instanzen kontrolliert werden können. Als positives Beispiel gilt dabei die staatliche Stelle IPCC (Independent Police Complaints Commission) im Vereinigten Königreich England und Wales, welche Beschwerden gegen die Polizei nachgeht und bei schwerwiegenden Vorwürfen auch eigenständig und unabhängig ermittelt.
Solange es eine solche unabhängige Kommission nicht gibt, stellt dies ein Problem für die Transparenz und das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern, Polizei und dem demokratischen Rechtsstaat dar.
“Quis custodit custodes? — Wer bewacht die Wächter?”
Eure Schwarz-Gelbe Hilfe
Bildquelle: lvz.de