Am morgigen Donnerstag will die Polizei laut einem Bericht einer überregionalen Boulevardzeitung https://m.bild.de/regional/dresden/dresden-aktuell/dresden-polizei-sucht-oeffentlich-nach-dynamo-chaoten-76856162.html nach 20 vermeintlichen Rädelsführern der Auseinandersetzungen rund um das Aufstiegsspiel der SG Dynamo Dresden gegen Türkgücü München am 16. Mai 2021 öffentlich fahnden.
Wir, der Schwarz-Gelbe Hilfe e.V., kritisieren diese Vorgehensweise auf das Schärfste. Nach unserer Beurteilung stehen bei der Anordnung der Öffentlichkeitsfahndung und sicherlich auch bei der Art und Weise der Durchführung dieser Ermittlungsmaßnahme, tiefgreifende strafprozessuale und verfassungs- sowie europarechtliche Bedenken entgegen.
Unsere Kritik umfasst zwei Aspekte: Zum einen die Anordnung der Maßnahme an sich. Dabei ist vor allem die für die Öffentlichkeitsfahndung verantwortliche Behörde gemeint.
Die rechtliche Grundlage einer solchen Öffentlichkeitsfahndung findet sich in § 131b der Strafprozessordnung. Dieser Paragraf beinhaltet, dass es für solch eine Maßnahme grundsätzlich des Vorwurfes einer bestimmten Straftat von erheblicher Bedeutung bedarf. Es ist jedoch festzustellen, dass sämtliche bisher aufgezählten Vorwürfe, (versuchte) gefährliche Körperverletzung und (schweren) Landfriedensbruches nach § 125 Strafgesetzbuch unter die Gruppe der „Vergehen“ fallen d.h., dass sie nicht das Kriterium der „erheblichen Bedeutung“ erfüllen und eine Öffentlichkeitsfahndung für diese Delikte daher grundsätzlich ausscheiden sollte.
Die zweite Ebene unserer Kritik fußt auf dem zeitlichen Faktor dieser polizeilichen Maßnahme. Unmittelbar nach den Geschehnissen am 16.05.2021 wurde eine 42-köpfige Sonderkommission “Hauptallee” durch die Sächsische Polizei gebildet. Nach knapp fünf Wochen Ermittlungsarbeit werden nun 20 Personen an den öffentlichen Pranger gestellt, gesellschaftlich vorverurteilt und das, obwohl sicherlich andere, für etwaige Betroffene, Ermittlungsmethoden nicht komplett ausgereizt oder überhaupt in Erwägung gezogen wurden. Eine Öffentlichkeitsfahndung sollte aus unsere Sicht das letztmögliche Mittel polizeilicher Arbeit sein.
Über eine gerechte Strafe für die Beschuldigten sollte am Ende immer ein Gericht, nach einem fairen rechtsstaatlichen Verfahren entscheiden — für die öffentliche Vorverurteilung und einer gesellschaftlichen Bestrafung sorgt nun leider die Polizei.
Schwarz-Gelbe Hilfe