Die Zahl an Funkzellenabfragen in Sachsen ist im Jahr 2017 weiter angestiegen. Im vergangenen Jahr hat die sächsische Polizei in 427 Ermittlungsverfahren Abfragen nach allen in einer spezifischen Funkzelle registrierten Mobiltelefonen gestellt. Ein Jahr zuvor waren es noch 371 Verfahren. Innerhalb der letzten fünf Jahren, im Jahr 2012 waren es noch 104 Abfragen, steigerte sich diese Methode also um knapp 300 Prozent.
Bei einer Funkzellenabfrage erfragt die Polizei beim Netzbetreiber, welche Mobiltelefone sich in einem konkreten Zeitraum in einer bestimmten Funkzelle befunden haben. In den übermittelten Datensätzen sind alle Handyverbindungen enthalten, etwa wer wann wen anruft, eine SMS schreibt oder mobiles Internet nutzt. Jede dieser Abfragen muss von einem Richter genehmigt werden. Ziel einer Funkzellenabfrage ist es, Tatverdächtige zu ermitteln. Es geraten jedoch bei jeder Funkzellenabfrage mehrheitlich Unbeteiligte ins Raster.
Eine inflationäre Nutzung dieses Ermittlungsinstrumentes scheint bei den sächsischen Behörden Standart geworden zu sein, obwohl es eigentlich nur in Ausnahmefällen vorgesehen ist und bei Straftaten von erheblicher Bedeutung angewendet werden sollte. Desweiteren sollten Staatsanwaltschaften Funkzellenabfragen nur noch dann beantragen, wenn andere Ermittlungsmaßnahmen absehbar keinen Erfolg haben, um die demokratische Grundrechte zu wahren und nicht massenhaft Bürger unter Generalverdacht zu stellen.
Wer mit seinem Mobiltelefon in eine Funkzellenabfrage geraten ist, erfährt davon im Regelfall nichts. Dabei wäre das durchaus technisch machbar, wie das Land Berlin zeigt. In diesem Herbst soll dort ein Pilotprojekt zur Benachrichtigung per SMS starten.
Davon ist Sachsen noch weit entfernt. Hier gibt es bis auf die Anzahl an Verfahren und Beschlüssen keine weiteren statistischen Angaben über die erfolgten Funkzellenabfragen. Die Staatsanwaltschaften führen kein Buch über die Anzahl an Betroffenen, die abgefragten Bestandsdaten oder die Delikte. Wie oft Funkzellenabfragen zu neuen Ermittlungsansätzen oder gar Verurteilungen geführt haben, ist ebenso wenig bekannt.
„Es ist ein Armutszeugnis für den Rechtsstaat, wenn diese Informationen weder dem Parlament noch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden können“, kritisierte Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen im sächsischen Landtag nach der Veröffentlichung dieser Statistik.